Kann zukünftig KI-gestützte Technik helfen, effektiver gegen Lärmbelästigung und Vermüllung auf Spielplätzen vorzugehen? Die Stadt Gelsenkirchen testet seit März dieses Jahres eine neue Technik, um Fehlnutzungen auf dem Spielplatz zu überwachen. In diesem Artikel erfahrt ihr, wie das Ganze funktioniert und worauf die Stadt dabei besonders achtet.

Ein Spielplatz ist ein geschützter Ort für Kinder, an dem sie sicher spielen und Spaß haben sollen. Soweit so gut. Problematisch kann es werden, wenn in den späten Abend- oder Nachtstunden Jugendliche oder Erwachsene diese Spielplätze ansteuern, um sich dort zu treffen, zu trinken, zu rauchen, Party zu machen… nachts ist es laut und am Folgetag liegt überall der Müll rum. Konflikte bleiben da nicht aus.   

Immer wieder Ärger

Der Spielplatz an der Robert-Koch-Straße in Gelsenkirchen ist genau ein solcher Ort. Hier gibt es über einen längeren Zeitraum immer wieder Beschwerden. Regelmäßig müssen die Einsatzkräfte des Kommunalen Ordnungsdienstes (KOD) ausrücken, weil sich die Anwohnenden nicht mit der Situation abfinden möchten. „Die meisten Störungen an diesem Spielplatz gingen von Jugendlichen aus, die sich dort bis in die Nachtstunden aufhielten und ihren Müll sowie leere Alkoholflaschen hinterließen.“, beschreibt Thomas Richter vom Referat Öffentliche Sicherheit und Ordnung der Stadt Gelsenkirchen, die Problematik. Der Spielplatz befindet sich in unmittelbarer Nähe zur Gelsenkirchener Innenstadt. Da sind viele Menschen auch noch in den Abendstunden unterwegs. Und aufgrund seiner Lage in einer Seitenstraße und am Park, bietet dieser Aufenthaltsort mehr Privatsphäre als andere Spielplätze. Das macht den Spielplatz für derartige Gruppen besonders interessant, erfahre ich von Thomas Richter.

Radartechnik und Lichtsensoren im Einsatz

Doch mit diesen nächtlichen Ruhestörungen soll nun Schluss sein. Seit März 2023 setzt die Stadt Gelsenkirchen vor Ort KI-gestützte Radartechnik (KI = Künstliche Intelligenz) ein. Diese Technik erfasst alle Menschen automatisch, die sich außerhalb der normalen Nutzungszeiten (8 bis 20 Uhr oder nach Einbruch der Dunkelheit) auf dem Spielplatz aufhalten. Und alle erfassten Informationen werden unmittelbar an den Kommunalen Ordnungsdienst (KOD) weiterleitet. 

Aber das ist noch nicht alles. Zusätzlich testet die Stadt Gelsenkirchen ein Sensoren-Lichtsystem. Sobald dieses System Bewegungen auf dem Spielplatz registriert, geht das Licht an. Und es wird automatisch eine Meldung an die Leitstelle des Referates Öffentliche Sicherheit und Ordnung gesendet. „Wir hoffen, mit Hilfe der Lichtveränderungen, wird den störenden Personen vermittelt, dass sie aufgefallen sind, so dass diese ggf. den Spielplatz schneller verlassen.“, beschreibt Thomas Richter die dahinter liegende Idee. Er hofft, dass das, gerade zu Zeiten in denen der Kommunale Ordnungsdienst nicht mehr im Dienst ist, eine Chance sein kann, die Situation kurzfristig aufzulösen. 

Sicherheit & Datenschutz

Das klingt einerseits nach einem praktikablen Lösungsansatz. Andererseits wirft es auch die Frage nach dem Datenschutz auf. Thomas Richter gibt Entwarnung: „Der Datenschutz wird beachtet. Das System kennzeichnet die erfassten Personen lediglich als rote Punkte und personenbezogene Daten werden gar nicht erst erhoben.“ Er betont, dass die eingesetzte Überwachungstechnik „ausschließlich der Sicherheit des Platzes dient“ und extra angebrachte Hinweisschilder auf den Einsatz der innovativen Radartechnik sowie der Lichtsensoren hinweisen. Über QR-Codes am Spielplatz sind außerdem weiterführende Informationen dazu abrufbar.

Wie ist das Feedback?

Insgesamt sind die Rückmeldungen seitens der Anwohnenden bislang positiv freut sich Thomas Richter. Die Beschwerdelage ist zurückgegangen. Der echte „Härtetest“ für das Projekt wird sich allerdings erst über die Sommermonate zeigen. Fest steht bereits jetzt: Die Technik funktioniert stabil und der KOD wird zielgerichteter bei Ordnungsstörungen zum Spielplatz entsandt. Außerdem ist dem städtischen Mitarbeiter wichtig zu betonen dass die Stadt großen Wert darauf legt mit Augenmaß zu handeln. Es gibt Regelungen für die Nutzung von Spielplätzen oder Schulhöfen und die gilt es einzuhalten. Um hierbei möglichst effizient zu sein wird die Technik eingesetzt. Parallel werden in Gelsenkirchen aber auch Alternativen für junge Menschen durch die Sozialarbeit angeboten (z.B. Mobile Soccerarena, Rap_Battle, etc.)


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Vorteile der technischen Überwachung

Das Referat Öffentliche Sicherheit und Ordnung sieht gleich mehrere Vorteile in der technischen Überwachung:

  1. Kurze Reaktionszeiten: Bis Anwohnende sich über eine akute Situation beschweren, vergeht meist eine gewisse Zeit. Die sensorische Überwachung ermöglicht es jedoch, eine Fehlnutzung des Spielplatzes sofort zu erkennen und den Kommunalen Ordnungsdienst mit einer Kontrolle zu beauftragen. Im Idealfall kann die Störung beseitigt werden, schon bevor es überhaupt zu Beschwerden kommt. 
  2. Einsparungspotenzial: Wenn Einsatzkräfte zukünftig nur noch bei tatsächlichen Vorfällen aktiv werden und nicht mehr – wie bisher notwendig – „ständig“ präventiv Streife fahren müssen, hat das Personal wieder mehr Zeit, sich um andere ordnungs- und sicherheitsrelevante Themen zu kümmern. 
  3. Abschreckung: Die Stadt hofft auf einen Abschreckungseffekt allein dadurch, dass dieser öffentliche Raum nun offiziell überwacht wird.

Was an der Technik ist eigentlich KI?

Neu ist: Bei der Erfassung verschiedener Ereignisse erfolgt eine intelligente Einordnung. Beispielsweise erkennt das System, ob es sich um einen Menschen handelt und löst bei einem vorbeifliegenden Vogel oder einer streunenden Katze keine Meldung aus. Zudem kann der Erfassungsbereich an die tatsächlichen Gegebenheiten vor Ort angepasst und nicht relevante Bereiche von der Erfassung ausgenommen werden. Es handelt sich allerdings „nur“ um eine „niederschwellige Form“ von KI, so die Stadt. Die Technik kann zwar „trainiert“ werden, zum Beispiel, um noch sicherer zu unterscheiden, ob es sich auf dem Spielplatz um einen Menschen oder einen großen Hund handelt. Aber das System kann nicht selbstständig lernen.

Kosten und Ausblick

Die Kosten für die intelligenten Radargeräte belaufen sich auf rund 1.500 Euro pro Stück. In der Regel kann aufgrund der hohen Leistungsfähigkeit der Geräte (bis zu 90 Meter, Erfassungswinkel: 180 Grad) ein gesamter Spielplatz mit einem Gerät überwacht werden. Für die Lichtsensoren kommt nochmal ein niedriger vierstelliger Betrag hinzu. Zudem setzt die Technik eine Strom- und Internetversorgung voraus. Für die Herrichtung dieser Infrastruktur fallen ggf. weitere Kosten an.

Hinzu kommen Kosten für die Technikkonfiguration, die derzeit von einem externen Dienstleister übernommen werden. „Die fortlaufenden Anpassungen der Parameter sind unerlässlich, denn „die Sensorik befindet sich noch in der Testphase und nicht jede Meldung entspricht einer Fehlnutzung.“, so Thomas Richter vom KOD. Der Versuch wird aus kommunalen Mitteln finanziert und läuft zusätzlich noch an vier weiteren Orten im Stadtgebiet. Im September läuft das Projekt aus. Dann wird ein Fazit gezogen. Eine Ausweitung der Überwachung ist denkbar, wenn die Bilanz der Erfahrungen eine positive ist, so die Stadt.

Wir finden: Ein höchst interessantes Pilotprojekt und ein unkonventioneller Versuch, dem Dauerthema Lärmbelästigung und Vermüllung auf Spielplätzen mithilfe modernster Technik den Kampf anzusagen. Eine gute Idee, solange die Interessen der Jugendlichen nicht auf der Strecke bleiben. Wir sind gespannt auf die Ergebnisse. Was meint ihr?

Titel-Foto: Die Beschilderung auf dem Spielplatz in der Robert-Koch-Straße in Gelsenkirchen weist auf die Radarüberwachung hin. ©Stadt Gelsenkirchen