Gerade jetzt im Herbst – aber auch im Sommer oder Frühjahr – laden farbenfrohe Blätter und Beeren am Rande von Spielplätzen oder in Grünanlagen dazu ein, abgepflückt und zu „Spielplatz-Suppe“ verkocht“ zu werden. Viele Pflanzen sind allerdings giftig. Worauf gilt es zu achten?

Die gute Nachricht vorweg: Die Wahrscheinlichkeit, dass etwas Ernsthaftes passiert und euer Kind mit einer schlimmen Pflanzenvergiftung ins Krankenhaus eingeliefert wird, ist
tatsächlich sehr gering. Die meisten Vergiftungen durch Pflanzen verlaufen völlig harmlos, wie diese Zahlen der Giftinformationszentralen belegen, in denen bundesweit sämtliche Vergiftungsfälle dokumentiert werden.

Grafik: Dr. Elke Frenzel, auf Datenbasis der Giftinformationszentralen

Dr. Elke Frenzel, Präventionsexpertin von der Kommunalen Unfallversicherung Bayern, hat folgende Erklärung dafür: „Es gibt zwar sehr viele Pflanzen, die giftig sind, aber der überwiegende Teil der giftigen Pflanzenarten weißt nur eine geringe Giftwirkung auf. Und nur wenn der kritische Wirkstoff genügend hoch dosiert im Körper einwirkt, kommt es überhaupt zur Vergiftung.“ Mit anderen Worten: Bei den allermeisten Giftpflanzen müsste ein Kind schon sehr große Mengen an giftigen Pflanzenteilen essen, um überhaupt eine Wirkung zu spüren. Der Großteil der Pflanzen oder Beeren schmeckt so scheußlich, dass Kinder sie in der Regel sofort wieder ausspucken.

Mit Pflanzen spielen, aber bitte nicht essen!

Wir können unseren Kindern also den Spaß gönnen, eine bunte Spielplatz-Suppe zu kochen und im Spiel so zu tun, als würden sie sie verspeisen – so wie sie es mit gebackenem Sandkuchen ja auch tun. Gleichzeitig darf die Gefahr, dass sich unsere kleinen Spielplatzhelden eine Magenverstimmung holen, aber auch nicht völlig unterschätzt werden.

Kinder sind tatsächlich gefährdeter sich mit Pflanzen zu vergiften. Auf Grund ihrer Neugierde geraten Kinder viel schneller in Versuchung, etwas zu probieren, gerade kleine Kinder untersuchen noch vieles mit dem Mund. Außerdem ist der Geschmackssinn bei Kindern weniger ausgeprägt als bei Erwachsenen und ihr kindlicher Organismus noch nicht so gut in der Lage, Giftstoffe zu verarbeiten.

Daher sollten wir unseren Kindern von Beginn an beibringen, dass sie unbekannte Beeren, Blüten, Früchte oder Pflanzenteile grundsätzlich nicht essen dürfen. Für Kleinkinder bis zum dritten Lebensjahr gilt übrigens die Aufsichtspflicht der Eltern auf dem Spielplatz. Es ist also die Aufgabe der Eltern, ihre Kinder im Blick zu behalten, um, wenn nötig, jederzeit eingreifen zu können.

Alle Gefahren vorsorglich beseitigen?

Wäre es unter diesen Umständen nicht doch sinnvoll, rigoros alle giftigen Pflanzen vom Spielplatz zu entfernen, damit gar nicht erst das Risiko einer Vergiftung besteht? Vor allem besorgte Eltern sehen das so und üben auch schon mal Druck auf die Spielplatz-Verantwortlichen in den Kommunen aus, wenn sie ihre Kinder vermeintlich in Gefahr sehen.

Dipl.-Landschaftsarchitektin Ute Eckardt, Leiterin des Arbeitskreises „Spielen in der Stadt“ bei der GALK, rät von solchen radikalen Maßnahmen ab: „Wenn ich jedes Gift ausschließen möchte, bleiben kaum noch Pflanzen übrig. Und mit denen werden Sie nicht unbedingt jeder Situation gerecht. Immergrüne Gehölze, die beispielsweise an Spielplätzen häufig aus Sichtschutzgründen gepflanzt werden, sind häufig giftig. Gern gepflanzt wird zum Beispiel der Kirschlorbeer. Der ist zwar giftig, aber die Beeren schmecken so unangenehm und das Gift wird erst bei der Aufnahme größerer Mengen wirksam, dass die Gefahr für Kinder gering ist.

Ich kenne Kindergärten, in denen große Eiben stehen, und da funktioniert es wunderbar.

Auch stehen manchmal in historisch gewachsenen Anlagen giftige Gehölze, wie zum Beispiel die Eibe, wo es schade wäre, diese für einen Spielplatz zu fällen, nur um vielleicht ein äußerst geringes Risiko auszuschließen, dass ein Kind so viel von den Blättern und Samen isst, dass ihm schlecht wird oder es Bauchweh bekommt. Ich kenne Kindergärten, in denen große Eiben stehen, und da funktioniert es wunderbar.“

Auch Dr. Elke Frenzel rät davon ab, alle Spielplätze akribisch von Pflanzen zu befreien, die auf einer Giftliste stehen. Sie plädiert für einen differenzierten Umgang mit diesem Thema: „Die Giftigkeit einer Pflanze wird in der Fachliteratur sehr unterschiedlich bewertet. Man muss schon sehr genau hinschauen, um einschätzen zu können, welche tatsächliche Gefahr für ein Kind von ihr ausgeht.“ Außerdem würden viele als giftig eingestufte Pflanzen gar keine oder kaum eine Bedeutung für die Beratungspraxis in den Giftinformationszentralen haben, wie aus den dortigen Statistiken hervorgeht, erklärt Frenzel.

Nur diese 6 Pflanzen sind auf Spielplätzen verboten!

Dennoch: Es gibt sechs Pflanzen, die auf Spielplätzen nicht gepflanzt werden dürfen. So ist es in der europäischen Sicherheitsnorm für Spielplätze DIN 18034 geregelt, die u. a. die rechtliche Grundlage für die Bepflanzung der Spielplätze vorgibt. Mehr über Giftpflanzen auf dem Spielplatz.

Fotos: pixelio.de

Risiken gehören dazu

Halten wir also fest: Es gibt sehr viele Pflanzen, die (in geringer Dosis) Gift enthalten. Wenn man nur genügend von jeder Pflanze isst, hat man immer ein Problem. Doch Kinder lernen, indem sie sich ihre Welt erobern und Risiken gehören nun mal dazu. Deshalb müssen Kinder den Umgang mit der Natur lernen und begreifen, dass man unbekannte Pflanzen nicht isst. Gleichzeitig brauchen Kinder aber nicht vor allem und jedem Bauchweh geschützt zu werden. Das sind Erfahrungen, die man als Kind machen kann und die zur Entwicklung beitragen.

Gefährlich wird es übrigens auch, wenn man sich in vermeintlicher Sicherheit wiegt. Denn selbst, wenn es theoretisch gelingen würde, die Spielplätze von sämtlichen Giftpflanzen zu befreien… einheimische Pflanzen sähen sich immer wieder von selbst aus und abgesehen davon: spätestens an Wegesrändern, natürlich gewachsenen Grünflächen oder in privaten Gärten können Kinder auch abseits von Spielplätzen mit giftigen Pflanzen in Berührung kommen.

Der Spielplatz im Toni-Steingass-Park in Köln ist voller Holunder-Büsche. Foto: Schilling

Übrigens, so manch giftige Pflanze gehört zu unseren Lieblingen. Wusstet ihr zum Beispiel, dass die Blätter und die unreifen, grünen Beeren vom Schwarzen Holunder im rohen Zustand giftig sind? Essen Kinder davon größere Mengen, kann es zu Erbrechen und Durchfall kommen. Unser heimischer Spielplatz ist voll davon. Und das freut uns, denn aus den Blüten zaubern wir jedes Jahr unseren leckeren Holunderblüten-Gelee 😉

Wie im Ernstfall einer Vergiftung handeln?

Und wenn nun doch ein Kind giftige Pflanzenteile gegessen hat? Dann gilt: Keine Panik! Ein Anruf bei der Giftinformationszentrale (GIZ) hilft, um einzuschätzen, wie schwer der Vergiftungsgrad tatsächlich ist und ob bzw. welche Schritte als nächstes eingeleitet werden sollten. Klagt das betroffene Kind über Übelkeit, rät die GIZ, die Kinder kleine Mengen Wasser, Tee oder Saft in kleinen Schlucken trinken zu lassen.

Wie sieht es bei euch aus? Haben eure Kinder schon mal genascht und unangenehme Erfahrungen mit Spielplatz-Pflanzen gemacht? Und welcher Typ Eltern seid ihr: alle Gefahren beseitigen oder das Risiko auch mal bewusst zulassen?