Wenn im Sommer die Sonne brennt und es an Schatten fehlt, sind viele Spielplätze leider kaum bespielbar. Wie kann nachgebessert werden? Drensteinfurt hat diese Frage gründlich untersucht und eine schatten- und zugleich klimafreundliche Lösung gefunden.

Welche Spielplätze in Drensteinfurt benötigen mehr Schatten? Wo und zu welchen Kosten könnten installierte Sonnensegel sofort für Schatten sorgen? Und wann wäre es besser, Bäume zu pflanzen, um langfristig eher für natürlichen Schatten zu sorgen?

Der riesige Vorteil von Sonnensegeln: Sind sie erstmal gesetzt, sorgen sie sofort für Schatten, wie hier im Energiepark in Alzenau. Foto: spielplatztreff.de

Anfang August 2020 startet die Stadtverwaltung Drensteinfurt eine große Untersuchung, um Antworten auf all diese Fragen zu finden. Die Spielplatzverantwortlichen sammeln u. a. auch in unserem Spielplatztreff-Blog Erfahrungsberichte zum Einsatz von Sonnensegeln aus anderen Städten und Kommunen. Die Resonanz ist groß. Weil sich überall in Deutschland Städte und Kommunen die ähnlichen Fragen stellen, sind viele an der Untersuchung interessiert. Deshalb gibt es hier nun in Absprache mit der Stadt Drensteinfurt die Ergebnisse.

In welchen Bereichen braucht es Schatten?

In einem ersten Schritt legt die Stadtverwaltung die Spielbereiche fest, in denen sie Schatten für notwendig erachtet. Nämlich überall dort, wo sich Kinder beim Spielen für längere Zeit ohne viel Bewegung in einem begrenzten Bereich aufhalten. Das trifft vor allem für das Spielen mit Sand und auch für das Spielen mit Wasser zu.

Auf der Basis dieser Überlegung werden von den insgesamt 36 Drensteinfurter Spielplätzen die 19 Flächen in den Fokus genommen, auf denen Kinder die Möglichkeit haben, in Sandkästen, Sandkuhlen oder in den Sandbereichen rund um die Spielgeräte zu spielen, inklusive der Wasserspielplätze.

Wann gilt Schatten als „ausreichend“?

Die erfreuliche Erkenntnis: Längst nicht überall fehlt es an Schatten. Auf vielen der 19 Spielplätze spenden bereits heute Bäume sowie benachbarte Gebäude oder auch größere Spielgeräte, wie Spielhäuschen und -türme, die im Sandspielbereich stehen, ausreichend Schatten. Doch was genau bedeutet „ausreichend“?

Für die passende Antwort ist die Berücksichtigung des Sonnenverlaufs entscheidend. Denn die Sonne wandert im Laufe des Tages und scheint aus unterschiedlicher Einfallsrichtung auf die Spielfläche. Ebenso variiert der Einfallswinkel der Sonne im Laufe des Jahres – im Sommer steht die Sonne höher. Ziel ist es daher nicht, die betreffenden Spielbereiche zu allen Tageszeiten vollständig zu beschatten. Vielmehr wird festgelegt: Als „ausreichend beschattet“ gelten die Spielplätze, bei denen im Tagesverlauf immer eine größere Fläche der Spielbereiche in der Zeit von ca. 11.00 Uhr bis 16.00 Uhr im Schatten liegt. Überprüft wird daher vorrangig der Sonneneinfall aus Süd (180°) bis Süd-West (225°).

Auf knapp ein Drittel der Flächen fehlt Schatten

Auf welchen Drensteinfurter Spielplätzen ist wieviel Schatten vorhanden? Übersicht: Stadt Drensteinfurt

12 der 19 Spielplätze bleiben übrig, auf denen es bisher dürftig mit der Beschattung aussieht. In einem weiteren Schritt wird überprüft, auf welchen dieser 12 Spielplätze es möglich sein würde, entweder mithilfe von Sonnensegeln oder durch das Nachpflanzen von Bäumen, zusätzlich für Schatten zu sorgen.

Auf welchen Spielplätzen wären Sonnensegel bzw. Bäume überhaupt möglich? Übersicht: Stadt Drensteinfurt

Luftbildaufnahmen der 19 Spielplätze helfen, um die jeweiligen Optionen vor Ort zu kennzeichnen. Es wird deutlich: Auf den meisten Spielplätzen ließen sich beide Varianten (Bäume und Sonnensegel) realisieren, wie hier beispielsweise auf dem Wasserspielplatz Feller Gärten.

Zahlreiche Bedenken gegen Sonnensegel

Die Stadt muss nun abwägen, ob sie Bäume pflanzt oder Sonnensegel errichtet. Für die Entscheidungsfindung bezieht Drensteinfurt auch Erfahrungen aus anderen Städten und Kommunen in puncto Sonnensegel mit ein. Nur wenige der Rückmeldungen sprechen sich für die Nutzung von Sonnensegeln aus. Das hat verschiedene Gründe:

  • Die Sorgen vor Vandalismus sind groß. Nicht wenige Kommunen haben bereits schlechte Erfahrungen gemacht mit zerschnittenen oder angekokelten Sonnensegeln.
  • Die Anschaffungskosten für Sonnensegel sind sehr hoch. Das Segeltuch-Material muss im öffentlichen Raum hohen Anforderungen entsprechen. Es sollte schwer entflammbar, wind- und wasserdurchlässig, farbecht und besonders stabil sein.
  • Auch die Wartungskosten dürfen nicht unterschätzt werden. Der jährliche Auf- und Abbau, sowie die Reinigung und Einlagerung über die Wintermonate, eventuelle Reparaturen verursachen zusätzliche Kosten.
  • Auch einige Sicherheitsaspekte sprechen dagegen. Der Reiz für Kinder und Jugendliche, die Stoffbahnen als Trampolin oder Hängematte zu nutzen, ist hoch. Deshalb müssten die Sonnensegel entsprechend hoch angebracht werden, damit sie nicht beklettert werden können.
  • Aus statischen Gründen sind dicke Stahlpfosten mit einem Durchmesser von mindestens 10 cm notwendig. Ab einer Segelgröße von 4 x 4 Metern sollten zusätzliche Spannseile das Sonnensegel gegen ein Durchhängen stabilisieren. Bei einer Größe von mehr als 5 Metern sind zusätzliche Standpfosten notwendig. Auch das schlägt sich in den Kosten nieder und führt dazu, dass nicht überall der nötige Platz vorhanden ist, um Sonnensegel zu installieren.
  • Hinzu kommt, dass die Aufstellung von Sonnensegeln nach Süden und Süd-Westen versetzt gegenüber dem zu beschattenden Bereich erfolgen muss. Sonnensegel direkt über dem zu beschattenden Bereich anzubringen, ist aufgrund des flachen Sonneneinfallwinkels nicht sinnvoll. Dafür fehlt in vielen Spielbereichen einfach der nötige Platz.

Sonnensegel oder Bäume?

Schlussendlich zeigen diese Erfahrungen, dass dem Vorteil des Sonnensegels – sofort nach Installation Schatten zu spenden – eine Menge Nachteile entgegenstehen. Vor allem die intensiven Kosten und die Sicherheitsbedenken schlagen zu Buche.

Außerdem rangieren Bäume in puncto Klimafreundlichkeit deutlich vor den Sonnensegeln. So wird in der Untersuchung explizit darauf hingewiesen, dass für den Bau und Einbau der Standpfosten / Sonnensegel jede Menge Ressourcen und Energie verbraucht werden. Auf der anderen Seite wirken vor allem große Bäume dem Klimawandel entgegen, weil sie das Kohlendioxid aus der Luft binden und senkend auf die Umgebungstemperaturen wirken. Das Für und Wider zeigt diese anschauliche Tabelle:

Sonnensegel oder Bäume? Pro und Contra. Übersicht: Stadt Drensteinfurt

Sonnensegel funktionieren nicht als Zwischenlösung

Aus der Drensteinfurter Lokalpolitik kommt der Vorschlag, die Sonnensegel nur temporär aufzustellen, um kurzfristig für Schatten zu sorgen. Diese sollten dann langfristig durch nachgepflanzte Bäume ersetzt werden. Die Idee klingt zunächst vielversprechend, stellt sich jedoch bei genauerer Betrachtung als nicht realisierbar heraus. Denn, um an der richtigen Stelle Schatten zu werfen, muss ein Baum exakt am gleichen Standort gepflanzt werden, an dem das Sonnensegel steht. Sowohl Sonnensegel als auch Baum müssen nach Süden und Süd-Westen versetzt gegenüber dem zu beschattenden Bereich positioniert werden. Somit kann man sich nur langfristig für oder gegen den Einsatz eines Sonnensegels entscheiden.

Entscheidung für den langfristigen Klimaschutz

Der Spielplatz Hermann-Tross-Winkel wird nicht zusätzlich beschattet, da hier aus Platzmangel keine Bäume gepflanzt werden können. Eltern können aber auf schattige Spielplätze in der Nähe ausweichen. Foto: Stadt Drensteinfurt

Nach eingehender Abwägung schlägt die Stadtverwaltung Drensteinfurt folgende Maßnahmen vor:

  1. Auf allen Spielplätzen, auf denen das Nachpflanzen von Bäumen möglich ist, sollen diese bis spätestens März 2022 gepflanzt werden. Dafür wurden zusätzliche Mittel in Höhe von 20.000 Euro bereitgestellt.
  2. Auch auf Spielplätzen ohne Sandspielbereiche sollen, wenn möglich, weitere Bäume gepflanzt werden, sofern dafür Platz vorhanden ist. Hierfür können die verbleibenden Mittel verwendet werden.
  3. Auf die Errichtung von Sonnensegeln wird aus Gründen der Sicherheit verzichtet. Nur auf drei der Spielplätze wäre ausschließlich eine zusätzliche Beschattung durch Sonnensegel möglich. Schon jetzt gibt es in jedem Ortsteil einige gut beschattete Kinderspielplätze. Diese Zahl wird sich durch die Nachpflanzung von Bäumen mittelfristig deutlich erhöhen. Eltern wird empfohlen, im Sommer vor allem beschattete Spielplätze aufzusuchen bzw. die Zeit hoher Sonneneinstrahlung zu meiden.
  4. Beim Neubau und Umbau von Spielplätzen soll zukünftig eine ausreichende Beschattung eingeplant werden.
Auf dem Spielplatz „Ameke“ gibt es im Sand-Wasser-Spielbereich ausreichend Schatten. Foto: Drensteinfurt

Ergänzung:  Die Stadtverwaltung hat die Ergebnisse ihrer Untersuchung und die daraus abgeleiteten Maßnahmen in einer Beschlussvorlage für den Haupt- und Finanzausschuss der Stadt Drensteinfurt formuliert, der am 8. März 2021 alle vorgeschlagenen Maßnahmen einstimmig beschließt. Sämtliche Informationen dieses Blogbeitrags sind besagter Beschlussvorlage entnommen.


Zusätzliche Bäume werden gepflanzt

Die Untersuchung zeigt, wie gründlich sich die Spielplatzverantwortlichen der Stadt Drensteinfurt mit der Thematik auseinander gesetzt haben. Auch bei der Auswahl der Bäume wird nichts dem Zufall überlassen. Die Baumberatung erfolgt durch die örtliche Baumschule und seitens der NABU Naturschutzstation Münster. Gut zu wissen: Bäume, die als Schattenspender für Spielplätze zum Einsatz kommen, sollten schnell wachsen und eine dichte Krone ausbilden. Folgende Bäume sind dafür gut geeignet: Stadtulme (Ulmus „Lobel“), Platane (Platanus acerifolia), Spitzahorn (Acer platanoidis „Summershade“).

Die ersten drei Spielplätze wurden bereits mit ziemlich großen Bäumen (gut entwickelte Krone, Stammumfang von 30-35 cm oder mehr) bepflanzt. Diese werden schon im ersten Jahr ein wenig Schatten spenden und ab dem zweiten Jahr dann richtig.

Eine positive Sicht auf Bäume

In ihrer Untersuchung weisen die Verantwortlichen am Ende noch auf einen ganz wichtigen Punkt hin, der auch uns Eltern in die Verantwortung nimmt. Wenn sich die Stadt zukünftig für mehr Bäume auf Spielplätzen ausspricht, muss sie auch bereit sein, den „Gegenwind aus der Bevölkerung“ auszuhalten. Regelmäßig beschweren sich Anliegerinnen und Anlieger über Bäume auf Spielplätzen. Diese seien zu hoch, zu ungepflegt, zu gefährlich, sie zerstörten mit ihren Wurzeln Mauern und Wege, machten zu viel „Dreck“ (in der Regel durch Laub), störten die Aussicht und würden zu viel Schatten werfen. Im Interesse unserer Kinder und des Klimaschutzes ist es an der Zeit, Bäume mit anderen Augen zu sehen und deren Vorteile schätzen zu lernen.


Rechtspfeil

Die Stadt Drensteinfurt hat als unser städtischer Partner sein gesamtes Angebot an öffentlichen Spielplätzen auf Spielplatztreff eingetragen. Spielplätze in Drensteinfurt entdecken.

Titel-Foto: Auf dem Feuerwehrspielplatz in Drensteinfurt stehen bereits die neuen Schattenspender. © Stadt Drensteinfurt