Bäume – als natürlicher Schattenspender – werden auf dem Spielplatz immer wichtiger. Doch noch fehlt es an Wertschätzung für den Stadtbaum und es fehlt an Wissen darüber, welche Auswirkungen der Klimawandel auf unsere Stadtbäume hat und wie wir darauf reagieren sollten, sagt Baumexpertin Daniela Antoni.

Seit 15 Jahren kämpft Daniela Antoni leidenschaftlich für die Stadtbäume und kennt sich aus, wie keine zweite. Auf ihrer Instagramseite baumkontrolle_im_netz informiert die erfahrene Baumsachverständige ihre große Anhängerschaft über alles, was mit dem Thema Stadtbäume zu tun hat und versucht so, dem Thema Stadtbaum mehr Aufmerksamkeit zu verschaffen. In letzter Zeit ist sie oft als Referentin tätig und trägt ihr umfangreiches Fachwissen über Stadtbäume breiter in die Welt hinaus, was, aus ihrer Sicht, bisher noch viel zu wenig getan wird.

Der Stadtbaum braucht Fürsprecher

Der Mehrwert, den Bäume liefern, der ist enorm hoch. Und den gilt es einfach in den Vordergrund zu setzen.

Daniela Antoni, Baumsachveständige

Ihre Leidenschaft für die Bäume entwickelt Daniela Antoni schon früh, wie sie mir erzählt. Denn sie „mag es nicht, wenn jemand übergriffig behandelt wird und wenn parallel dazu auch keiner da ist, der Partei für denjenigen ergreift, dem es schlecht geht. Und der Stadtbaum in dem Sinne hat in Deutschland leider keine Fürsprecher, weil einfach immer irgendwelche Interessenskonflikte bestehen. Irgendwas ist für viele Menschen in Deutschland immer mit dem Baum und er stört.“

Wichtig ist ihr der Perspektivwechsel. Die Menschen sollen verstehen, dass der Baum ein paar Tage im Jahr oder ein paar Wochen ein bisschen mehr Arbeit macht, „aber der Mehrwert, den Bäume liefern, der ist enorm hoch. Und den gilt es einfach in den Vordergrund zu setzen.“

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Naturferne nimmt zu

Leicht ist die Aufgabe nicht, denn die Naturferne in der Bevölkerung nimmt von Jahr zu Jahr zu. „Heutzutage kann kaum einer eine Buche von einem Ahorn unterscheiden. Mache ich Führungen für Kinder in Schulen, merke ich ganz häufig, entweder sind die Kinder nicht richtig angezogen oder sie sind völlig überfordert mal in der Natur draußen zu sein.“, stellt Daniela Antoni fest. Es wäre wichtig, den Menschen wieder mehr Naturnähe beizubringen. Aber vielen steht das „egozentrische Weltbild“ im Weg. Der Fokus ist auf sich selbst gerichtet, „man möchte seine eigenen Interessen durchgesetzt haben und man guckt einfach nicht drum herum, was für die Gemeinschaft vielleicht gut wäre.“

Wie machen Baumsachverständige?

Jeder Baumeigentümer – in öffentlichen Räumen sind das Städte und Kommunen – ist dazu verpflichtet, dass von seinem Eigentum, in dem Fall Bäume, keine Gefahr für Dritte ausgeht. Das ist auch im BGB verankert. Und das gilt auch für Privatpersonen und deren Bäume auf dem eigenen Grundstück. Baumsachverständige bieten Städten und Kommunen sowie Privatpersonen ihre Fachexpertise und ihre Dienstleistungen in der Baumkontrolle, in der Baumdiagnostik und beim Baumschutz auf Baustellen an, um für sichere Stadtbäume zu sorgen.


Verstümmelte Bäume durch falsche Baumpflege

#montagsbaum – für diese Bäume ist jeden Tag Montag, denn sie wurden Opfer von unsachgemäßer Baumpflege. Um auf diese fatale Praxis aufmerksam zu machen, zeigt die Baumexpertin Daniela Antoni auf Instagram in ihrer Rubrik #montagsbaum die Ergebnisse dieser Verstümmelungen.
Fotos: @Daniela Antoni


Was die zertifizierte Baumexpertin ärgert: In Deutschland gibt es keine fachliche Ausbildung, jeder darf sich Baumpfleger oder auch baumsachverständig nennen. Das sind alles keine geschützten Begriffe. Deshalb sind auch Nicht-Experten und schwarze Schafe in der Branche tätig, die die Bäume aus Unwissenheit verstümmeln oder weil sich damit Geld verdienen lässt: „Wenn ein Kunde sagt: Ich möchte meinem Baum mal was Gutes tun oder einfach gucken lassen, ob der noch sicher ist, und er lässt einen dieser vermeintlichen Experten kommen, möchte der ihm natürlich irgendwas verkaufen. Wenn da jemand überzeugend ist, der schwatzt einem ja dann so einen Schnitt einfach auf. Oh, der Baum kann Ihnen vielleicht auf’s Haus fallen beim nächsten Sturm … Man spielt mit der Angst der Menschen, dass mit dem Baum etwas passieren könnte. Da lässt sich nur mit Aufklärung rankommen.“, davon ist Daniela Antoni überzeugt.

Bäume als Schattenspender auf dem Spielplatz

Wie wichtig Bäume für uns als Schattenspender auf Spielplätzen sind, merken wir eigentlich nur im Sommer – aber dann richtig! Denn an heißen Tagen geht ohne Schatten gar nichts. Und – Vorsicht – in der prallen Sonne werden die Spielgeräte sogar oft so heiß, dass sich Kinder beim Rutschen oder Klettern verbrennen können! Das haben inzwischen auch Spielplatz-Verantwortliche erkannt. Und so werden auf vielen Spielflächen nun – teilweise auch nachträglich – junge Bäume gepflanzt.

Daniela Antoni weiß aber aus ihrer Praxis, Spielflächen bilden eher die Ausnahme: „Diese Dringlichkeit ist auf vielen Flächen nicht gegeben. Da sieht man tatsächlich eher die persönlichen Diskrepanzen, die man mit dem Baum hat. Daher ist ein Baum immer nur für ein paar Monate für die meisten Menschen relevant, nämlich im Sommer, wenn es extrem heiß ist. Im Rest des Jahres sieht man den Baum eher als persönlichen Gegenspieler.“

Habitat-Bäume unterstützen den Erhalt der Artenvielfalt

Gerade in der Stadt und im Zuge des Klimawandels ist so ein Baum der beste Verbündete, den man haben kann.

Daniela Antoni, Baumsachverständige

„Gerade in der Stadt und im Zuge des Klimawandels ist so ein Baum der beste Verbündete, den man haben kann.“, sagt Daniela Antoni. Das gilt vor allem die älteren Stadtbäume. Die sind nicht nur natürliche Schattenspender auf Spielplätzen, sondern erfüllen viele weitere wichtige Funktionen. Sie regulieren das Mikroklima, filtern Schadstoffe, liefern Sauerstoff und bieten Lebensraum für Tiere und Insekten. Jungbäume können das alles noch gar nicht. Deshalb kämpft die Baumexpertin um jeden einzelnen Stadtbaum und setzt sich in besonderem Maße für den Erhalt von Habitat-Bäumen ein. 

Ein Habitat-Baum ist in der Regel alt oder sehr alt und beherbergt eine hohe Anzahl an Arten. „Je älter ein Baum ist, umso höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass da sehr, sehr viele Arten auf dem leben.“ Darunter auch solche, die selten oder vom Aussterben bedroht sind. Deshalb sind Habitat-Bäume von großer Bedeutung, um den Artenschwund entgegenzuwirken. Durch den Schutz und die Kontrolle dieser alten Bäume kann ihre Verkehrssicherheit gewährleistet werden, während sie gleichzeitig als Inseln der Artenvielfalt dienen, davon ist Antoni überzeugt. Und sie freut sich, dass immer mehr Menschen die Wichtigkeit von Habitat-Bäumen erkennen und sich für ihren Schutz einsetzen. 

Schön, wenn alte Habitat-Bäume nicht nur zum Erhalt der Artenvielfalt beitragen, sondern auch zum Spielen einladen. So wie hier die Bäume inkl. Baumhöhlen auf einem Spielplatz in Wachstedt. © Schlumpf85 / spielplatztreff.de

Das können wir für die Stadtbäume tun

Auch wir können uns aktiv für den Erhalt der Stadtbäume einsetzen. Daniela Antoni empfiehlt, Briefe an die Stadtverwaltung zu schreiben und sich für den Stadtbaum auszusprechen: „Das Rathaus bekommt so viele Negativnachrichten in Bezug auf Bäume. Da ruft keiner an und sagt: Oh, vor meiner Tür, da steht so ein toller Baum, danke dafür, dass ihr den gießt.“ So verfestigt sich das negative Gefühl bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Stadtverwaltung, dass die Bevölkerung gegen Bäume ist und stimmen vielleicht eher mal einer Baumfällung zu, so Antoni. Wenn jedoch mehr Menschen ihre Wertschätzung für Bäume zum Ausdruck bringen würden, würde das zu einer positiveren Herangehensweise führen, davon ist die Baumexpertin überzeugt.

Auch Gießpatenschaften können helfen, Bäume zu schützen. Allerdings besteht das Risiko von Überwässerung oder unregelmäßiger Pflege. Daniela Antoni sieht diese Form des Engagements daher eher kritisch. Bäume zu gießen kann unterstützend wirken, aber nicht die Verantwortung des Baumeigentümers ersetzen.

Gefahrenquelle Stadtbaum – Klimawandel berücksichtigen 

Stadtbäume haben nicht nur einen großen Mehrwert. Sie können auch eine potenzielle Gefahrenquelle darstellen. Die extremen Wetterbedingungen, wie Trockenheit und Hitzestress, stellen eine Herausforderung für einheimische Bäume dar, da sie an diese Veränderungen nicht schnell genug angepasst sind. Schädlinge, Krankheiten und Pilze profitieren zusätzlich vom Klimawandel und schwächen die Bäume weiter. In den letzten Jahren ist der Baumexpertin vermehrt aufgefallen, dass Äste infolge des Klimawandels schneller abbrechen können. Es ist daher vorteilhaft, solche Anzeichen von Gefahren zu erkennen. Pilzbefall am Baumstamm oder abgestorbene Äste in der Baumkrone sind klassische Warnsignale. Bei solchen Beobachtungen empfiehlt die Baumexpertin, dass Eltern bei der Gemeinde nachzufragen, ob bereits Kenntnis darüber besteht und ob eine Baumkontrolle geplant ist. Es ist wichtig, dass Gemeinden den Klimawandel als Faktor bei der Budgetplanung und Baumkontrolle berücksichtigen, um die Sicherheit auf Spielplätzen nach wie vor zu gewährleisten. Dazu gehört ggf. auch, so Daniela Antoni, die Kontrollintervalle für Stadtbäume zu verkürzen. 

Klimabaumarten ergänzen unsere einheimischen Bäume

Um den Veränderungen gerecht zu werden, werden inzwischen vermehrt Klimabaumarten gepflanzt, die bereits an solche Bedingungen angepasst sind und die Stadtstandorte besser bewältigen können. Durch die Integration dieser Klimabaumarten in die einheimische Flora kann die Widerstandsfähigkeit und Vielfalt der städtischen Bäume verbessert werden, weiß die Baumexpertin.

Von einigen einheimischen Baumarten in der Stadt müssen wir uns auf lange Sicht verabschieden. Ein Beispiel dafür ist die gemeine Rosskastanie, die aufgrund der Roßkastanienmoniermotte seit Jahren nicht mehr gepflanzt wird. Ähnlich ergeht es dem Bergahorn, der von der Rußrindenkrankheit befallen ist. Leider fehlt es oft an adäquaten Mitteln, um gegen diese Schädlinge vorzugehen, bedauert Daniela Antoni. Diese Problematik wird, aus ihrer Sicht, in den Medien nicht ausreichend thematisiert, obwohl es um den Zustand unserer Stadtbäume besorgniserregend steht: „All diese Sachen, davon erfährt die Bevölkerung immer nur mal so peu à peu. Aber wie schlecht es eigentlich um unsere Stadtbäume steht, das wird medial gar nicht so aufgebreitet, wie ich mir das wünschen würde.“

Danke Daniela Antoni für deinen unermüdlichen Einsatz! Mit dem Perspektivwechsel fängt es an. Deshalb werde ich in Zukunft den Baum noch viel bewusster als das wahrnehmen, was er für uns Menschen ist – nämlich ein wertvoller Schatz, den es unbedingt zu schützen gilt. Wie seht ihr das? Lasst gerne euer Feedback da.

Titel-Foto: Auf dem Spielplatz Marderstraße in Monheim am Rhein sorgen schattige Bäume für ein angenehmes Klima auch an heißen Sommertagen. ©Skillgerman / spielplatztreff.de