Was denken Eltern, wenn sie diese Schaukel sehen? „Cool, endlich mal ausreichend Platz zum Schaukeln.“ Sicherheitsexperten für Spielplätze schlagen jedoch bei diesem Anblick die Hände über dem Kopf zusammen. Warum? Lest selbst.

Auf Facebook gibt es eine geschlossene Gruppe, die nennt sich „Spielplatzprüfer“. Dort tauschen sich zertifizierte Spielplatz-Kontrolleure und Sicherheitsexperten über ihre Arbeit auf Spielplätzen aus. Das ist hoch spannend, bietet es doch interessante Einblicke in das Thema Spielplatz-Sicherheit. Aber manchmal ist es auch erschreckend, was dort für Fundstücke gepostet werden.

Wie zum Beispiel diese Dreifach-Schaukel oben auf dem Foto. Andreas Ruess, Konstruktionsleiter und zertifizierter Spielplatzprüfer bei Buck Freizeitgeräte GmbH, hat das Foto neulich in besagter Gruppe gepostet und die Sachverständigen für Spielplatzsicherheit gebeten, zusammenzutragen, was daran auffällt. Mit Kennerblick sind sich die Fachleute sehr schnell einig und Michael Behmenburg, zertifizierter Spielplatzprüfer bei ENNI Stadt & Service Niederrhein AöR, bringt es auf den Punkt: „Dieses Teil gehört nicht auf einen öffentlichen Spielplatz oder Kindergarten und schon gar nicht auf einen Schulhof!“

Da kommt ganz schön viel zusammen

Die Spielplatz-Kontrolleure zählen folgende Sicherheitsmängel an besagter Schaukel auf:

  • Drei Sitze an einem Tragbalken sind nicht erlaubt. Nach zwei Schaukeln muss wieder ein Pfosten stehen, damit die Last nicht zu groß wird und sich besser verteilt.
  • Der Tragbalken, an dem die Schaukeln hängen, heißt so, weil er von zwei Balken getragen wird. In diesem Fall wurde jedoch eine Hängekonstruktion verbaut – der Querbalken liegt nicht oben auf, sondern hängt unten dran. Es kann zwar sein, dass diese Konstruktion die Kräfte aushält, aber es ist konstruktiv sicherer, wenn der Schaukelbalken auf dem Bock liegt und nicht von unten angeschraubt wird.
  • Die Aufhängung der Schaukel ist nicht ideal. Die beiden Ketten einer Schaukel sollten oben weiter auseinander angebracht sein als unten die Schaukelsitz-Breite beträgt. Damit wird eine höhere Richtungsstabilität erlangt. Sonst kann es passieren, dass sich die Schaukeln beim Schwingen ins Gehege kommen, weil sie zu sehr nach rechts oder links driften.
  • Die Verstrebungen zwischen Trag-, bzw. in dem Fall Hängebalken weisen spitze, nach unten zeigende Winkel auf. Diese sind nicht erlaubt, da hier das Erklettern des Schaukel-Bocks erleichtert wird und eine eventuelle Fangstelle für den Kopf beinhaltet, das heißt, in den V-förmigen Öffnungen könnte sich ein Kind strangulieren.
  • Die Fallschutz-Fläche Rasen als Fallschutz ist zwar grundsätzlich erlaubt. Aber in der Praxis wird aus dem Rasen unter der Schaukel Oberboden, weil der Bereich in der Regel extrem bespielt wird. Und dieser Oberboden ist hart wie Beton. Da helfen auch nicht die Gummiplatten unter der Schaukel. Hier wäre Sand als Fallschutz deutlich besser geeignet.

Auf dem Land leider keine Seltenheit

Ganz ehrlich. Ich bin baff. Ich hätte nicht gedacht, dass Spielgeräte mit solchen Konstruktionsfehlern auf Spielplätzen in Deutschland stehen. Es gibt ja eigentlich die Europäische Spielplatz-Norm DIN EN 1176, in der die Vorschriften zur Spielplatzsicherheit klar geregelt sind.

Leider sind solche Fundstücke keine Seltenheit, wie ich auf Nachfrage erfahre: „Es kommt immer wieder vor, dass Spielgeräte aufgestellt werden, die zwar ggf. ein GS-Zeichen (ein Sicherheitssiegel, das die Produktsicherheit gewährleistet) haben, aber die Eignung nach der Spielplatznorm DIN EN 1176- 2 fehlt dem Gerät. Dabei sind diese für den öffentlichen Bereich, wie Spielplätze, Kindertagesstätten, Schulen und sogar Gaststätten, zwingend vorgeschrieben.“, berichtet Michael Behmenburg aus seinem Alltag. 

Am falschen Ende gespart

Auch eine Spielplatz-Abnahme durch verschiedene Organisationen wie Tüv, Dekra oder andere, finden nicht immer vor Eröffnung eines Spielplatzes statt, obwohl es in der Norm klar beschrieben wird. „Hier auf dem Land kommt es oft vor (schwäbisch sparsam), dass von Laien, die keine Kenntnis von der DIN EN 1176 haben oder wahrscheinlich auch noch nie davon gehört haben, eine Schaukel oder ein Turm zusammengeschraubt wird.“, ärgert sich Andreas Ruess. Dabei ist das nur schwer verständlich. Geht es doch um die Sicherheit von Kindern. Sollte ein Unfall passieren, haftet der Aufsteller bzw. Betreiber, es sei denn, diese Schaukel steht auf einem umzäunten Privatgelände. Dann haftet der Besitzer über seine Versicherung, denn nicht jeder private Besitzer ist auch ein Fachmann.

Übrigens, Andreas Ruess hat mit der zuständigen Gemeinde, in der diese Dreifach-Schaukel auf einem öffentlich zugänglichen Spielplatz steht, Kontakt aufgenommen und auf die Konstruktionsfehler hingewiesen. Bleibt zu hoffen, dass hier schnell reagiert wird.

Und für uns Eltern heißt das? Wachsam sein! Es kann nicht schaden, wenn auch wir unseren Blick für versteckte Gefahren schärfen und ggf. bei den Spielplatz-Betreibern nachfragen, wenn uns etwas auffällt. Auch deshalb herzlichen Dank an Andreas Ruess und Michael Behmenburg, dass ich dieses Beispiel hier im Blog veröffentlichen durfte.

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