Auf Spielplätzen lernen Kinder, sich nicht vorzudrängeln, sondern brav an der Rutsche anzustellen. Dabei wollen Kinder gar nicht nur an Geräten spielen. Wasserspielplätze bieten so viel mehr Möglichkeiten… Davon ist Diplom-Pädagogin Angelika von der Beek überzeugt. 

Frau von der Beek, was gefällt Ihnen nicht an deutschen Spielplätzen?

von der Beek: Es gibt tolle Spielplätze, keine Frage. Doch viel zu häufig wird bei der Sanierung von Spielplätzen oder beim Neubau nach „Schema F“ verfahren, in Katalogen der Gerätehersteller geblättert und lieblos ein paar Spielgeräte von der Stange herausgesucht und aufgestellt. Dadurch wird es schnell langweilig. Hinzu kommt, dass vielerorts Geräte aus sicherheitstechnischen Gründen abgebaut werden. Und weil kein Geld da ist, wird auch nichts ersetzt.


Angelika von der Beek ist Diplom-Pädagogin, war in Hamburg achtzehn Jahre lang Fachberaterin für Kitas und hat Kindergärten bei der Gestaltung von Spielplätzen beraten. Heute ist sie als selbstständige Fortbildnerin vor allem zum Schwerpunktthema „Krippenausbau“ tätig.


Also was braucht es aus Ihrer Sicht unbedingt auf einem Spielplatz?

Mir liegen zwei wesentliche Dinge am Herzen. Einerseits sollte die Basisausstattung eines jeden zweiten Spielplatzes Wasser sein. Wir brauchen mehr Wasserspielplätze. Denn mit dem Element Wasser lässt sich unheimlich vielfältig spielen. Zum anderen wünsche ich mir ein Spielplatzkonzept, das klar die Erkenntnis unterstützt: Kinder können und wollen selbst etwas tun. Kinder wollen nicht immer nur von Erwachsenen ausgedachte Geräte nutzen. Deswegen wäre es wichtig, sich ein sehr viel mobileres Konzept von Spielplätzen zu eigen zu machen, damit eben auch die Fantasie der Kinder angeregt und ihre Interaktionsmöglichkeiten vielfältiger werden würden.

Was ist das Besondere am Spiel mit Wasser?

Auf konventionellen Spielplätzen lernen Kinder zu rutschen und zu schaukeln. Da sie immer die gleichen Dinge tun, können sie das innerhalb kürzester Zeit im Schlaf.

Angelika von der Beek

Das Schlimme an diesen klassischen Standard-Spielplätzen ist ja, dass sie so wenig veränderbar sind. Kinder werden überhaupt nicht angeregt, ausgiebig und vielfältig zu spielen. Beim Spiel mit Wasser und mobilen Elementen ist das anders. Hier sprechen sich die Kinder miteinander ab, schmieden Pläne, kooperieren. Zum Beispiel wenn sie gemeinsam etwas aus den mobilen Elementen bauen. Auf einem Wasserspielplatz legen die Kinder selbst die Art und Weise ihres Spiels fest.

Wasserspielplatz Langenhagen
An der Wasserpumpe auf dem Spielplatz Söseweg in Langenhagen haben Kinder ausgiebig Spaß. Foto: spielplatztreff.de

Dazu laden konventionelle Spielplätze kaum ein. Dort lernen Kinder zu rutschen und zu schaukeln. Da sie immer die gleichen Dinge tun, können sie das innerhalb kürzester Zeit im Schlaf. Auch bei den sozialen Kompetenzen sieht es nicht viel besser aus. Das einzige, was Kinder auf den meisten Spielplätzen an sozialer Kompetenz brauchen, ist sich nicht vorzudrängeln, sondern brav zu warten, bis jemand etwas zu Ende gemacht hat.

Und wie beschreiben Sie Ihr mobiles Spielplatz-Konzept?

Ich könnte mir vorstellen, dass es auf jedem zweiten Spielplatz ein Häuschen gibt, zu dem jemand Verantwortliches einen Schlüssel hat. In diesem Häuschen werden Dinge verwahrt, die die Kinder für ihr freies Spiel benutzen können: Leere Getränkekisten, Bretter, Vierkanthölzer, Schläuche, Rohre, etc.. Was könnten die Kinder nicht alles mit diesen Sachen machen…

Wasserspielplätze mit zusätzlich mobilen Elementen würden deutlich mehr kosten. Wie soll das finanziert werden?

Was nützen uns 0815 Spielplätze, auf denen sich kaum jemand aufhält, weil sie langweilig sind?

Angelika von der Beek

Klar ist ein Wasserspielplatz unterhaltsträchtiger und damit teurer, als wenn man einen Spielplatz nach dem Prinzip „quadratisch, praktisch, gut“ gestaltet. Zugegeben, da habe ich kein anderes Argument, als dass ich natürlich andere Prioritäten setzen würde. Für nix gibt’s nix. Entweder das Ganze ist pflegeleicht, dann ist es eben auch tendenziell langweilig. Oder man macht den Kindern Angebote, mit denen sie mehr anfangen können. Dann hat man hinterher ggf. einen höheren Pflegeaufwand.

Entscheidend ist doch, wie gut ein Spielplatz tatsächlich ist. Denn man kann Familien nicht dazu zwingen, die Kinder jeden Tag zwei Stunden auf den Spielplatz zu schicken. Was nützen uns also 0815 Spielplätze, auf denen sich kaum jemand aufhält, weil sie langweilig sind, und es eben doch attraktiver ist, vor dem Computer zu hocken? Man kann nur versuchen, die Spielplätze so attraktiv zu gestalten, dass Eltern und Kinder gerne auf den Spielplatz gehen.

Trotz knapper Kassen sollte also mehr Geld für Spielplätze ausgegeben werden?

Eindeutig ja. Wir haben es mit gesellschaftlichen Verhältnissen zu tun, die immer weniger naturnah werden. Insbesondere in den Innenstädten gibt es weder Gärten noch ein Stück Natur, in denen die Kinder spielen und sich ausgiebig bewegen können. Erzählungen von Kindheiten in den 70er Jahren, in denen Kinder unterschiedlichen Alters einen Großteil ihrer Zeit damit verbrachten, durch Felder und Wiesen zu streunen, klingen ja heute wie von einem anderen Stern.

Und genau weil sich die Zeiten geändert haben, weil Kinder immer weniger Orte zum Spielen haben, die Natur in den Städten immer mehr zurück weicht, sind Spielplätze so wichtig.

Wasserspielplatz Würzburg
Wasserspielplatz auf dem ehem. LGS Gelände in Würzburg. Foto: Spielplatztreff.de

Wenn durch höhere Ausgaben für attraktivere Wasserspielplätze und mobilere Spielplätze erreicht wird, dass Kinder diese Spielplätze dann auch nutzen, sind diese höheren Kosten gesellschaftlich absolut vertretbar. Ich kann mich da nur wiederholen: Da werden bisher eindeutig die falschen Prioritäten gesetzt.

Würden Sie Kinder und Eltern in die Planungen für neue Spielplätze mit einbinden?

Man darf nicht unterschätzen, wie sehr die Wünsche der Betroffenen von den Klischees, die sie erleben, geprägt sind.

Angelika von der Beek

Prinzipiell schon. Aber die Sache ist mit Vorsicht zu genießen. Ich halte die Befragung von Kindern für wenig zielführend. Denn da wird oft einfach nur Bekanntes reproduziert. Auch Eltern sind, glaube ich, nicht die richtigen Ratgeber für die Ausstattung von Spielplätzen. Man darf nicht unterschätzen, wie sehr die Wünsche der Betroffenen von den Klischees, die sie erleben, geprägt sind.

Fachleute, die sich mit so einem Thema intensiv beschäftigen, können über diese Klischees reflektieren. Ich glaube, dass hier ein ganz wichtiges Feld für Beratung von Leuten ist, die etwas davon verstehen, die Erfahrung mit genau diesem Themenfeld haben und ihre Expertise einbringen.

Wie können sich Eltern trotzdem für Spielplätze engagieren?

Ich finde es toll, wenn Eltern sich ermutigt fühlen, Feste, Spenden- oder Säuberungsaktionen auf Spielplätzen zu organisieren. Auch das Übernehmen einer Spielplatzpatenschaft ist eine gute Möglichkeit, sich einzubringen und etwas zu bewegen.

Gerade meine Idee mit dem Wasser oder dem abschließbaren Häuschen könnte durch die Unterstützung von ehrenamtlichen Spielplatzpaten sicherlich leichter umgesetzt werden. Engagierte Eltern können sehr viel erreichen.

Vielen Dank für dieses interessante Gespräch.


Bücher von Angelika von der Beek

 

Bildungsräume für Kinder von Null bis Drei

 

Bildungsräume für Kinder von Drei bis Sechs

Hundert Welten entdeckt das Kind: Kinderräume bilden.


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