Kennst du das: Dein Kind klettert die Rutsche hoch – und du fragst dich: Einschreiten oder lassen? Warum Nein sagen nicht immer die beste Lösung ist.
Auch wenn es auf den ersten Blick unvernünftig oder riskant wirkt – Kinder können eine ganze Menge lernen, wenn sie die Rutsche nicht immer nur runterrutschen, sondern auch mal hochklettern.
Hochklettern stärkt Mut, Körper und Köpfchen
Wenn Kinder eine Rutsche entgegen der Rutsch-Richtung hochklettern, trainieren sie viel mehr als nur ihre Muskeln: Sie entwickeln Körpergefühl und Gleichgewicht, weil die Schräge ihnen einiges abverlangt. Sie lernen, Probleme zu lösen: „Wie komme ich da hoch, ohne abzurutschen? Sie machen wichtige Erfahrungen in Sachen Selbsteinschätzung: Schaffe ich das schon allein? Oder brauche ich Hilfe? Und oben angekommen, fühlen sie sich stark und stolz – ein echter Selbstbewusstseins-Booster!
Auch Rücksichtnahme kann Teil dieses Spiels sein. Denn wer hochklettert, muss aufmerksam beobachten, ob gerade jemand rutschen will – und entsprechend reagieren. So schulen Kinder ganz nebenbei ihr soziales Gespür und lernen, Verantwortung für ihr Tun zu übernehmen.
Kinder nutzen Spielgeräte gern auf ihre Weise
Steht euer Kind manchmal auf der Schaukel, anstatt sich hinzusetzen. Krabbelt es unter dem Klettergerüst durch, obwohl der Weg oben drüber vorgesehen ist? Oder spielt es darunter Verstecken. Vielleicht reitet es auf der Balancier-Stange wie auf einem Pferd – oder stellt sich allein auf die Mitte der Wippe und versucht durch Gewichtsverlagerung, sie selbst zum Wippen zu bringen.
Das ist kein Unsinn – sondern Spiel mit Köpfchen. Kinder entdecken ihre Welt kreativ, probieren Neues aus und denken sich ihre ganz eigenen Spielideen aus. So wird eine Rutsche zu einem Schiff auf hoher See oder zu einer Festung, die erobert werden will. Oft liegt das auch daran, dass ihnen nach ein paar Wiederholungen langweilig wird. Wer schon zehnmal die Rutsche runtergerutscht ist, sucht sich eben eine neue Herausforderung. So entsteht freies, fantasievolles Spiel, das Kinder fördert und ihnen zeigt: Ich darf meine Umgebung auf meine Weise entdecken.






Die Rutsche verkehrt herum hoch – ist das nicht zu riskant?
Natürlich bringt das Klettern auf der Rutsche Risiken mit sich. Es kann zu Zusammenstößen kommen, wenn gleichzeitig jemand herunterrutscht. Oder ein Kind könnte abrutschen und sich weh tun. Doch: Risiko gehört zum Spielen dazu und Kinder brauchen kleine Herausforderungen, um zu wachsen. Denn nur wer ein Risiko eingeht, lernt, damit umzugehen. Deshalb sollten wir Eltern unbedingt aufhören, jede Unsicherheit sofort vermeiden zu wollen. Mit einem kurzen, aufmerksamen Blick lässt sich die Situation meist gut einschätzen:
- Ist die Rutsche gerade frei?
- Wirkt mein Kind sicher und konzentriert?
- Ist mein Kind motorisch in der Lage, hochzuklettern?
- Bin ich in der Nähe falls was passiert?
- Trägt mein Kind rutschfeste Schuhe oder klettert barfuß?
Wenn alles passt, spricht nichts dagegen, Raum zu geben für kleine Wagnisse. Mit ein bisschen Aufmerksamkeit und gesundem Menschenverstand kann man Risiken oft gut abfedern – ohne das Spiel direkt zu verbieten.
Unsere Aufgabe als Eltern: begleiten statt blockieren
Es geht nicht darum, jede Bewegung zu kontrollieren oder sofort einzuschreiten, wenn etwas ungewöhnlich aussieht. Viel hilfreicher ist es, wenn wir unser Kind aufmerksam begleiten. Beobachtet, was eure kleinen Abenteurer vorhaben. Bleibt in der Nähe. Und stellt lieber Fragen als pauschale Verbote aufzustellen:
„Ist da oben jemand?“ – „Hast du guten Halt?“ So fördert ihr die Selbsteinschätzung eures Kindes und zeigt gleichzeitig: Ich traue dir etwas zu. Wenn nötig, erklärt Risiken in kindgerechter Sprache – aber ohne Angst zu machen. Vertrauen ist oft die beste Form der Sicherheit.
Mutig spielen – und dabei Rücksicht nehmen
Nicht jeder Moment ist geeignet, um die Rutsche hochzuklettern – vor allem, wenn andere gerade rutschen wollen. Doch genau solche Situationen bieten die Chance, soziales Verhalten spielerisch zu lernen. Wenn Kinder erkennen, dass ihr Spiel andere stören oder gefährden könnte, dürfen sie lernen, kurz zu warten oder Platz zu machen. So fördern wir nicht nur Mut und Selbstständigkeit, sondern auch Empathie und Rücksichtnahme – ganz ohne erhobenen Zeigefinger.
Was ist mit den Eltern, die Nein sagen?
Natürlich werdet ihr auch mal auf Eltern treffen, die das Hochklettern gar nicht gut finden. Und das ist okay. Jedes Kind, jede Familie und jede Einschätzung ist anders. Wichtig ist nur: Ihr entscheidet für euer Kind – nicht für andere. Rücksichtnahme gilt auch hier – nicht nur gegenüber anderen Kindern, sondern auch gegenüber deren Eltern.
Unser Fazit: Nicht jede Regel ist in Stein gemeißelt.
Wenn die Bedingungen stimmen, bietet dieses kleine Abenteuer, die Rutsche verkehrt herum hochzuklettern, jede Menge Lernmöglichkeiten. Wichtig ist, dass wir Eltern nicht aus Prinzip verbieten, sondern situationsabhängig entscheiden. Also: Beim nächsten Mal, wenn euer Kind die Rutsche hoch will, denkt nicht sofort: „Das darf es nicht!“ Sondern überlegt: „Passt gerade die Situation und was lernt mein Kind dabei?“ Wie handhabt ihr das bisher? Schreibt es in die Kommentare!
Titel-Bild: Ein Mädchen klettert die Rutsche hoch – warum auch nicht, wenn sie niemanden stört? ©KI-generiert
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