Jedes Kind hat das Recht, unbeschwert zu spielen – egal, ob mit oder ohne Behinderung. Doch wie schaffen wir es, mehr inklusive Spielplätze zu bauen, auf denen wirklich alle Kinder gemeinsam Spaß haben können? In unserer Podcastfolge verrät Uwe Lersch, Experte für inklusive Spielplätze, was es braucht, damit dieser Wunsch Realität wird.


Podcast-Folge mit Uwe Lersch hören:

Was ist ein inklusiver Spielplatz?

Ein inklusiver Spielplatz ist ein Ort, an dem alle Kinder – unabhängig von ihren körperlichen oder geistigen Fähigkeiten – gemeinsam spielen können und individuell herausgefordert und gefördert werden. Voraussetzung dafür sind Freizeitflächen, die „für alle gleichberechtigt zugänglich und nutzbar“ sind, sagt Uwe Lersch, denn “das ist ein Grundrecht“. Leider ist Deutschland von diesem Ideal noch weit entfernt. Auf dem Weg zu mehr inklusiven Spielplätzen gilt es so manche Hürde zu nehmen und einige wichtige Punkte beachten.

Mehr Fachexpertise gefragt

Die Planung und Umsetzung eines inklusiven Spielplatzes ist komplex und erfordert spezielle Fachkenntnisse. Viele Kommunen unterschätzen dies, was dazu führt, dass Spielplätze zwar einzelne inklusive Elemente aufweisen, aber nicht wirklich barrierefrei sind. „Der Spielplatz ist erst dann ein Ort des Vergnügens, wenn er fertig ist. Bis dahin ist es eine sehr ernste und fachlich anspruchsvolle Sache“, betont Lersch. Er wünscht sich, dass inklusive Spielplätze mit der notwendigen Fachexpertise gestaltet werden, damit der inklusive Spielplatz die Bedürfnisse aller Kinder berücksichtigt.

Das richtige Mindset – keine Alibi-Lösungen

Inklusion darf kein Lippenbekenntnis sein. „Nur ein bisschen Inklusion“ reicht einfach nicht aus, warnt Uwe Lersch. Häufig werden in Städten und Kommunen nur ein paar barrierefreie Spielgeräte aufgestellt und das Projekt dann als „inklusiv“ vermarktet – ein Ansatz, den der Spielplatz-Experte scharf kritisiert. Echte Inklusion bedeutet, dass die gesamte Spielfläche für möglichst viele Kinder zugänglich ist. „Es sollte nicht sein, dass man ein, zwei Sachen hinstellt und dann sagt: ‘So, jetzt haben wir unsere Pflicht getan.‘“

Barrierefreie Untergründe für mehr Teilhabe

Ein entscheidender Faktor für inklusive Spielplätze ist der Bodenbelag. Materialien wie Sand, Kies oder auch Holzhackschnitzel, die oft verwendet werden, sind für Kinder im Rollstuhl kaum überwindbar. Viel besser geeignet wären daher barrierefreie Untergründe, wie elastische Gummibeläge, die auch Kindern mit Gehhilfen oder Rollstühlen eine uneingeschränkte Nutzung ermöglichen. Uwe Lersch bringt es auf den Punkt: „Wenn wir davon sprechen, dass wir alle Menschen – gleichberechtigte Teilhabe – auf eine Fläche bringen, dann brauchen wir andere Materialien.“


Uwe Lersch Kompan

Uwe Lersch arbeitet als Referent für Kindesentwicklung, Inklusion und Gesunderhaltung im öffentlichen Raum beim europäischen Spielgerätehersteller KOMPAN. Seine Aufgabe besteht darin, Menschen für das Thema Inklusion zu sensibilisieren und dabei zu helfen, Spielplätze so zu gestalten, dass sie für alle Kinder zugänglich sind. 

Foto: ©Uwe Lersch, Kompan


Mehr Offenheit für Innovationen

Viele Städte und Kommunen halten an altbewährten Lösungen fest und wollen Spielgeräte auch nach Jahrzehnten eins zu eins ersetzen, „weil nichts passiert ist und sich niemand beschwert hat. Das soll so bleiben.“, bedauert Uwe Lersch. Dabei investieren große Spielgerätehersteller viel Geld in die Forschung und Entwicklung. Ihr Ziel ist es, innovative Gestaltungskonzepte und moderne, inklusive Spielgeräte zu schaffen, die den heutigen Bedürfnissen der Kinder entsprechen und spannende, barrierefreie Spielflächen ermöglichen.

Höhere Spielplatz-Budgets

Ein zentraler Punkt bei der Gestaltung inklusiver Spielplätze ist das Budget. Ohne ausreichende finanzielle Mittel können keine wirklich inklusiven Spielplätze gebaut werden. Deutschland investiert zu wenig in Spielplätze im Vergleich zu anderen europäischen Ländern. Wir denken immer noch in den Budgets der 60er Jahre“. Das reicht jedoch bei weitem nicht aus, um flächendeckend moderne, inklusive Spielplätze zu gestalten, kritisiert Uwe Lersch.

Einfach anfangen, aber sinnvoll!

Für viele Städte und Gemeinden stellt sich die Frage, wie sie trotz begrenzter Budgets inklusive Spielplätze realisieren können. Uwe Lersch schlägt vor, einfach anzufangen, aber sinnvoll: „Man nimmt sich möglichst eine zentrale Fläche und beginnt mit einem Projekt. Dann schaut man, wie ist die Nutzung, was hat es für eine Resonanz?“ So ein pragmatischer Ansatz ermöglicht es, erste Erfahrungen zu sammeln. Ein kleines, gut umgesetztes Projekt kann dann zum Vorbild für weitere inklusive Spielplätze werden. Deshalb „einfach anfangen, aber sinnvoll.“ ist Uwe Lersch’s Devise.

Inklusion durch „Stück zum Glück“

Ein positives Beispiel für gelungene Inklusion ist die Initiative „Stück zum Glück“. Durch Spenden wurden bereits über 3 Millionen Euro für inklusive Spielplätze gesammelt und in ganz Deutschland realisiert.

Video: Matze meets Metin

Para-Leichtathletik-Weltmeister Mathias Mester unterstützt das Projekt „Stück zum Glück“ und hebt es als wichtigen Schritt für ein inklusives Miteinander hervor.

Drei inklusive Spielplätze der Aktion „Stück zum Glück“:

„Stück zum Glück“ Spielplatz im Branitzer Park in Cottbus

In einem denkmalgeschützten Park wurde mit dem „Stück zum Glück“ Spielplatz im Branitzer Park in Cottbus einer der größten inklusiven Spielplätze Brandenburgs geschaffen. Eine barrierefrei zugängliche Pyramide bietet vielfältige Spielmöglichkeiten für alle Kinder. Auf der Seilschaukel 

„Stück zum Glück“ Spielplatz Dusekestraße

Dank der Initiative „Stück zum Glück“ und der Elterninitiative Kiezinseln e.V. wurde ein verwahrloster Spielplatz zu einem inklusiven Treffpunkt für Familien. Der barrierefreie Spielplatz Dusekestraße in Berlin Pankow ermöglicht Kindern mit und ohne Behinderung gemeinsames Spielen.

„Stück zum Glück“ Generationenpark Timmeler Meer

Inmitten einer touristischen Region entstand der Generationenpark Timmeler Meer,  ein inklusiver Spielplatz, der Urlauber und Einheimische anzieht. Hier treffen sich Menschen jeden Alters zum gemeinsamen Spielen und Austausch.


Auf Spielplatztreff.de findet ihr weitere Spielplätze der Aktion „Stück zum Glück“.

Wir alle sollten verstehen: Inklusive Spielplätze sind kein Luxus, sondern ein grundlegendes Recht. Sie ermöglichen Spiel und Spaß, soziales Lernen und gleichberechtigte Teilhabe für alle Kinder, unabhängig von ihren Fähigkeiten. Um das zu erreichen, braucht es den Willen von Städten, Gemeinden und Eltern sowie fachliche Expertise und innovative Ideen. Nur so erhalten wirklich ALLE Kinder die Chance, gemeinsam zu spielen und sich frei zu entfalten.

Titel-Foto: Highlight des neuen, inklusiven Spielplatzes im Branitzer Park in Cottbus ist die barrierefrei zugängliche und auch von innen bespielbare Kletter-Pyramide. ©Kompan  / Spielplatztreff.de