Spielen macht nicht nur Spaß, sondern Spielen bildet. Doch dafür sollte die Qualität auf dem Spielplatz stimmen. Ein Gespräch mit Holger Hofmann Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerks darüber wie es gelingen kann die Qualität von Spielplätzen zu verbessern.

Herr Hofmann, was lernen Kinder beim Spielen auf dem Spielplatz?

Hofmann: Kinder haben grundsätzlich Spaß beim Spielen auf dem Spielplatz. Dabei lernen sie freiwillig und unbewusst, indem sie sich über Versuch und Irrtum ausprobieren. Sie sind motiviert, Dinge zu erforschen und die kindliche Neugier sowie der kindliche Spieltrieb führen zu Lernergebnissen, die zwar beiläufig entstehen, die aber ganz wesentlich sind. Zwischen Spiel und Bildung gibt es eine enge Verknüpfung.

Wenn Kinder ein Brett über einen großen Stein legen und ausprobieren, was passiert, wenn sie über das Brett auf die andere Seite gehen, lernen sie ganz beiläufig etwas über Hebelgesetze. Das würden sie nicht so formulieren. Aber die Kinder, die diese Erfahrung gemacht haben, werden sich später in der Schule viel leichter tun diese Hebelgesetze zu verstehen, weil sie Anknüpfungspunkte zu ihrer Erlebnis- und Erfahrungswelt beinhalten.

Ich befürchte, Kinder langweilen sich auf den üblichen Standard-Spielplätzen eher, als dass sie lernen und Spaß haben. Es fehlt vielerorts an Spielqualität.

Entscheidend ist zunächst einmal, dass der Spielplatz ein Ort ist, der extra Kindern vorbehalten ist. Hier werden Kindern mehr spielerische Freiheiten als anderswo zugestanden und dadurch können sie ihren natürlichen Spieltrieb ausleben. Deshalb sollten wir Spielplätze generell schätzen.

Die Qualität bei Spielplätzen ist aber tatsächlich ganz unterschiedlich. Und natürlich ist der Bildungseffekt ist bei einem Abenteuerspielplatz, auf dem sich Kinder selbst ihre Hütten bauen oder bei einem Kinderbauernhof, wo Kinder mit Tieren in Kontakt kommen, ein ganz anderer, als wenn Kinder auf einem Federtierchen hin und her wippen. Das ist klar.

Hütten bauen auf dem Abenteuerspielplatz
Auf dem Abenteuerspielplatz Hammerschmiede in Augsburg lernen Kinder u. a. Holzhütten zu bauen. Foto: Spielplatztreff.de

Sehr viele Abenteuerspielplätze in Deutschland könnt ihr auf Spielplatztreff entdecken.


Dennoch denke ich, dass Kinder sehr erfinderisch sind und auch auf relativ langweiligen Spielplätzen spielen und ihre Erfahrungen sammeln können. Zum Rutschen taugt eine kleinere Rutsche für ältere Kinder vielleicht nicht mehr, aber dafür nehmen sie Steinchen und schauen, wie weit sie diese hochwerfen können, sie schauen, was passiert, wenn die wieder runterkullern, oder sie erklettern diese Rutsche auf unterschiedlichste Weise. Also selbst mit einer gewöhnlichen Rutsche können Kinder ziemlich viel anfangen.

Trotzdem reicht es nicht, eine Fläche schlicht mit Spielgeräten auszustatten. Kinder brauchen attraktive, abwechslungsreiche, herausfordernde Spielplätze!

Selbstverständlich ist es nicht das Nonplusultra eine Rutsche, eine Wippe und ein Federtier hinzustellen. Wir wissen mittlerweile, die Verweildauer an den klassischen Spielgeräten ist relativ gering. Viel entscheidender ist es, dass Kinder auf dem Spielplatz beispielsweise mit Naturelementen wie Wasser in Kontakt kommen. 

Wasserspielplatz Leverkusen
Das Wasserspiel in der Spiellandschaft Neuland-Park in Leverkusen lädt Kinder zum gemeinsamen Spiel ein. Foto: Spielplatztreff.de

Das fördert die Interaktion mit anderen Kindern und verlängert die Verweildauer. Es werden eigene Spiele bzw. Spielregeln ausgehandelt und so Teamarbeit oder Fairness trainiert. Gerade in der Interaktion mit anderen Kindern liegen ganz hohe Bildungskompetenzen. Der Mitteleinsatz ist so zu steuern, dass er möglichst viele Spielqualitäten abbildet. Und da gibt es noch einiges zu tun.

Sind die finanziellen Mittel überhaupt ausreichend, um Spielplätze mit hohem Spielwert zu bauen?

Wir plädieren dafür, eher mal auf ein teures Spielgerät zu verzichten und dafür das Gelände zu modellieren oder eine Wasserpumpe anzuschaffen.

Holger Hofmann, DKHW

Sicherlich haben die Spielplatzverantwortlichen in den Kommunen große finanzielle Schwierigkeiten. Aus meiner Sicht, werden aber zum Teil Prioritäten falsch gesetzt. Da werden dann 100.000 Euro für einen Spielplatz ausgegeben, um exklusive und schöne Ergebnisse vorweisen zu können. Das ist nicht immer im Interesse der Kinder. Hier wäre ein Umdenken möglich und nötig.

Wir plädieren dafür, eher mal auf ein teures Spielgerät zu verzichten und dafür das Gelände zu modellieren oder eine Wasserpumpe anzuschaffen. Doch da höre ich dann oft: „Aber das ist doch auch teuer, da brauchen wir wieder Frischwasser.“ Dabei muss ein Wasserspielplatz nicht zwangsläufig an Frischwasser angeschlossen sein. Schließt man eine Wasserpumpe an, die nicht nach einem Wasserhahn aussieht, geht es auch ohne Frischwasser.

Ein einsehbarer Spielplatz, auf dem alles eben ist, ist vielleicht in den Unterhaltungskosten günstiger, aber Kinder lieben es, sich zu verstecken. Und erst, wenn sie solche Gelegenheiten haben, gehen sie zum Beispiel in Rollenspiele und fangen an zu interagieren. Unförmige Mauern, Sträucher, Hügel, Hecken, ein Baum wo mal Blätter runterfallen und Ähnliches – das sind machbare Dinge, die sich auch mit geringen finanziellen Mitteln umsetzen lassen. Außerdem wäre die engere Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Fachexperten und Ämtern hilfreich.

Weidentunnel auf dem Spielplatz
Auf dem Spielplatz im Schwalbenweg in Mettmann wurde dieser Weidentunnel angelegt, der zum Verstecken spielen anregt. Foto: Spielplatztreff.de

Inwiefern braucht es eine stärkere Zusammenarbeit?

Es fehlt eine Kernkompetenz, die in den Kommunen und auf Landes- und Bundesebene dafür sorgt, dass das Thema Spiel zentrale Beachtung findet und weiterentwickelt wird.

Holger Hofmann, DKHW

Das Besondere an dem Thema Spiel ist, dass zwar unterschiedliche Fachdisziplinen und Experten, wie Pädagogen, Spielplatzplaner, Landschaftsarchitekten, Gartenamtsleiter, Stadtplaner etc. mit diesem Thema Überschneidungspunkte haben. Diese Berufsgruppen sind aber bisher in ihrer Arbeit wenig miteinander verbunden. Es fehlt eine Kernkompetenz, die in den Kommunen und auf Landes- und Bundesebene dafür sorgt, dass das Thema Spiel zentrale Beachtung findet und weiterentwickelt wird. Daher nimmt Spielen, aus unserer Sicht, so einen randständigen Stellenwert ein. Und deshalb sind wir auch sehr zufrieden, dass es in den letzten Jahren gelungen ist, ganz unterschiedliche Berufsgruppen in unserem Bündnis für Recht auf Spiel zusammenzuführen und gemeinsam dieses Thema weiterzuentwickeln.

Vielen Dank, Herr Hofman, für dieses interessante Gespräch!


Am 28. Mai ist Weltspieltag: Das Deutsche Kinderhilfswerk hat 2008 gemeinsam mit seinen Partnern im Bündnis Recht auf Spiel den Weltspieltag ins Leben gerufen. Seitdem finden an diesem Aktionstag deutschlandweit Aktionen statt, die Kinder und ihre Familien zum Spielen einladen und die Bedeutung des Spiels in den Fokus rücken. Auch Eltern können ganz bewusst diesen Tag nutzen, um gemeinsam mit ihren Kindern, mit Freunden oder Nachbarn zu diesem Thema eine Spielaktion zu entwickeln und durchzuführen.


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