In unserer 4-teiligen BLOG-Serie werden wir gemeinsam mit Uwe Lersch, Spielflächenplaner beim dänischen Spielgeräteentwickler und –produzenten Kompan, verschiedene Spielplatz-Aspekte näher beleuchten. Im ersten Teil geht es um das Thema Spielplatzsicherheit.  

Herr Lersch, wie definieren Sie Spielplatzsicherheit?

Uwe Lersch: Die Spielplatzsicherheit besteht aus folgenden Faktoren und all diese Faktoren sind Grundlagen unserer Planungen sowie Abstimmungen mit weiteren Planern und Spielplatzbetreibern, sprich, den Unterhaltspflichtigen:

  • Ganz vorne steht die Spielgeräte-Sicherheit,
  • dann folgen die stoßdämpfenden Böden,
  • ggf. sonstige stationäre Bauwerke, wie Findlinge und Kletterfelsen,
  • die Einfriedung der Spielflächen,
  • die Zuwegung,
  • sowie die Beschilderung der Spielflächen.

Spielplatzsicherheit heißt jedoch auch: Das Spiel selbst muss immer ein gewisses Risiko enthalten. Auch das ist in der DIN EN 1176 eindeutig vorgesehen, unabhängig von schlechten Materialien und mangelnder Kontrolle. Das bedeutet im Klartext: Verletzungen bis hin zu Brüchen und offenen Wunden dienen der wichtigen Gefahrenein- und Risikoabschätzung.  Was jedoch unbedingt vermieden werden muss, ist das Risiko zur Entstehung bleibender körperlicher und psychischer (traumatischer) Schäden.


Portrait Uwe Lersch
Uwe Lersch, Spielflächenplaner bei Kompanie

Uwe Lersch plant und realisiert Außenspielflächen für den Spielgerätehersteller Kompan. Ein wichtiger Kern seiner Arbeit besteht darin, Entscheidungsträger und Betreiber von Spielflächen, die unterhaltspflichtig und sicherheitsverantwortlich sind, über zeitgemäße Außenspielpädagogik zu informieren. Dabei behält der Spielflächenplaner stets den aktuellen Stand der Entwicklung von Kindern und Jugendlichen sowie den Unterhaltskostenbetrachtungen im Blick.


Wer ist verantwortlich für die Sicherheit auf deutschen Spielplätzen?

Für die Spielplatzsicherheit sind die unterhaltspflichtigen Betreiber der Spielflächen zuständig. Das sind überwiegend Kommunen, Wohnungsbaugesellschaften, Kirchen und sonstige caritative Einrichtungen. Alle relevanten Sicherheitsvorgaben, die es zu beachten gilt, sind in der Spielplatznorm DIN EN 1176 und 1177 definiert. Das betrifft sowohl die Spielgerätesicherheit und Herstellung sowie den Betrieb und Unterhaltung stoßdämpfender Böden.

Wie oft muss die Spielplatzsicherheit überprüft werden?

Lt. DIN haben Spielplatzbetreiber die Aufgabe, eine wöchentliche Durchsicht und eine monatliche Wartungsinspektion auf jedem Spielplatz durchzuführen. Die letztgenannte ist schriftlich zu dokumentieren. Darüber hinaus ist eine jährliche Hauptinspektion durchzuführen, die u.a. auch das Freilegen von Fundamenten vorsieht, um die Stabilität von Spielanlagen genauestens zu überprüfen. Der Verlauf der Untersuchung ist exakt zu dokumentieren. Mängel werden durch Fotos zusätzlich definiert und sind umgehend abzustellen.

Wer führt die Spielplatzprüfungen durch?

Diese Arbeiten sind allesamt von „Sachkundigen für Spielplatzgeräte“ bzw. „Fachkräften für Kinderspielplätze“ oder höher qualifizierten Personen, beispielsweise amtlich anerkannte Sachverständige für Spielplätze, durchzuführen. Diese können der Organisation des Betreibers entstammen. In der Kommune ist z. B. oft der Betriebshof zuständig, in einer einer Wohnungsbaugesellschaft der Hausmeister oder technische Dienste. Eine Spielplatzprüfung kann jedoch auch an Dritte wie TÜV, DEKRA, Ingenieurbüros vergeben werden. Auch renommierte Gerätehersteller bieten diese Dienstleistung an.

Warum werden trotz gesetzlicher Kontrollen Mängel, wie morsches Holz oder vorstehende Schrauben, übersehen?

Sobald ich mangelhafte Spielflächen vorfinde, ist die Antwort seitens der Verwaltung überwiegend die gleiche: „Die Politik wälzt alles auf den Betriebshof ab, stellt aber keine Mittel zur Verfügung. Wir wissen, dass das alles morsch ist, dürfen es aber seitens der Politik wiederum nicht sperren oder abbauen, weil sich sonst die Eltern beschweren, dass keine Spielgelegenheiten mehr vorhanden sind.“

Ergo: Es wird nicht etwas übersehen, es wird einfach nicht instandgesetzt. Vielerorts wird die Spielplatzsicherheit auch gar nicht erst geprüft. Ich kenne Gemeinden, die haben 2 Jahre alte (!) Prüfberichte in der Schublade und seit dem nicht einen Mangel abgestellt. Obwohl in zwei Fällen in der Nachbargemeinde genau deswegen bereits  ein Kind zu Tode gekommen ist. Die Politik winkt ab!

Grundübel ist in Deutschland jedoch die sehr traditionelle Sichtweise der Erwachsenen zum Thema Spielflächen. Ob Politiker, Eltern oder Presse: Insgesamt bewegen wir uns im weltweiten Vergleich mit 42 Ländern auf den hintersten Plätzen, sprich, auf dem Niveau der 70er Jahre und das zum Nachteil unserer Kinder.

Liegt der schwarze Peter ausschließlich bei den Kommunen oder sehen Sie hier noch andere in der Verantwortung?

Ich muss den Begriff „Kommune“ hier zwingend gegen den Begriff „Politik“ tauschen. Denn Kommune heißt vor allem auch Grünflächenamt, Jugendamt, Planungsamt sowie in kleinen Gemeinden auch „Soziales und Sport“ oder Tiefbauamt. Die Damen und Herren sind das Ende der Prozesskette, wenn es um die Gestaltung möglichst innovativer Spielflächen geht. Hier finden wir überwiegend sehr engagierte Leute, die sich wirklich reinhängen, jedoch der Willkür der Politik und deren Budgetierungen ausgesetzt sind.

Kletterschiff Kompan
Kletterschiff von Kompan auf dem Spielplatz Am Niehler Damm in Köln Niehl, Foto: Spielplatztreff.de

Aber es geht ja noch weiter: Grundsätzlich ist Deutschland ein kinderfeindliches Land. Nach wie vor bekommen wir die Defizite um die Entwicklung des Menschen bis zum Erwachsenenalter nicht in den Griff: Ob mütterfeindliche Arbeitsplätze, Kinderbetreuung, Schulbildung, Spielflächen, Jugendzentren, Sportanlagen etc.:  Unsere Leistungsgesellschaft will mit Kindern möglichst wenig zu tun haben.

Was man von Kindern will, ist ihr Taschengeld. Dann ist aber auch Schluss. Und diese Einstellung projiziert sich hinein in die Einzelthemen wie Spielflächenbudget, Betrieb von Jugendzentren usw.  Ich meine, es wäre in Deutschland dringend Zeit für die Gründung einer Kinderpartei, um den Kindern, ähnlich wie in den skandinavischen Ländern, endlich eine feste Lobby zu geben.

Was können Eltern für mehr Sicherheit auf Spielplätzen tun?

Die einfache Lösung für mehr Spielplatzsicherheit:

  • Bieten Sie Ihren Verwaltungsspitzen (Bürgermeister) eine klar strukturierte Organisation von Spielplatzpaten an. Diese überprüfen den laufenden Spielbetrieb auf Spielflächen in unmittelbarer Nähe.
  • Halten Sie dazu Kontakt zu den ausführenden Stellen, insbesondere den Baubetriebshöfen.
  • Entwickeln Sie ein Meldesystem, so dass vom Bürgermeister bis zum Baubetriebshof jeder erkennbare Mangel bekannt wird.

Die perfekte Lösung für mehr Spielplatzsicherheit:

Gründen Sie in jeder Kommune einen Elternrat und beachten Sie dabei folgende wichtige Regeln:

  • Informieren Sie sich ausführlich über die Sachthemen. Stellen Sie nicht Ihre bisher gewachsene Meinung als Ziel Ihrer Arbeit nach vorne, sondern lesen Sie, hören Sie und fragen Sie Experten. Nichts ist schlimmer als eine Horde gesprächsresistenter Eltern.
  • Gehen Sie mit einem klar gegliederten Programm auf Bürgermeister(innen) und Dezernenten(innen) zu, so verschaffen Sie sich  Gehör und Respekt. Werden sie damit eine feste Größe in Ihrer Kommune, so
  • gewinnen Sie Einfluss auf die Spielflächensituation. Zeigen Sie dazu Kooperationsbereitschaft, was wiederum auf eine positive Resonanz bei der Verwaltung stößt und
  • entwickeln Sie sich zu gefürchteten Sponsorengeld-Eintreibern, denen aufgrund der gewachsenen Bedeutung des Elternrats niemand so richtig etwas abschlagen kann.

Vielen Dank für Ihre interessanten Ausführungen, Herr Lersch. Wir freuen uns jetzt schon auf Teil II der BLOG-Serie. Beim nächsten Mal, so viel sei schon verraten, wird es um den „perfekten Spielplatz“ gehen.


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TEIL 2: KRITERIEN FÜR DEN PERFEKTEN SPIELPLATZ

Teil 3: ALTERSGERECHTE SPIELFLÄCHEN PLANEN

TEIL 4: SPIELPLÄTZE BRAUCHEN MEHR INNOVATION