In Zeiten schwieriger Haushaltslagen sieht es vielerorts düster aus auf den Spielplätzen. Obwohl Kommunen offensiv um Familien werben, steht das Spielplatz-Thema oft weit hinten auf der politischen Agenda. Warum das in Moers anders ist, haben wir Vera Breuer, Leiterin des Kinder- und Jugendbüros der Stadt Moers und dort verantwortlich für die Spielplätze, gefragt.

Frau Breuer, die Stadt Moers kann trotz schwieriger Haushaltslage, kontinuierlich Spielplätze erneuern. Wie gelingt das?

Vera Breuer, Kinder- und Jugendbüro in Moers

Breuer:  Ganz entscheidend ist, dass die Spielplätze in Moers der Jugendhilfe zugeordnet sind und somit eine gute organisatorische Voraussetzung geschaffen wurde, sich offensiv und aktiv für die Spielplatz-Belange einzusetzen.

Die hohe finanzielle Ausstattung der vergangenen Jahre war nicht immer so. Bis 1995 betrug unser Spielplatzetat zwischen 50.000 und 200.000 DM pro Jahr. 1996 fiel dann eine strategisch wichtige Entscheidung. Moers startete gemeinsam mit einem freien Träger der Jugendhilfe ein Landesprogramm für die ökologische Um- und Neugestaltung von Spielplätzen. Dabei ging es hauptsächlich darum, jungen Arbeitslosen einen Weg in die Arbeitswelt zu ebnen, und das „Abfallprodukt“ waren die Spielplätze.

Plötzlich war Geld für Spielplätze da?

Ja. Durch dieses Programm hatten wir die Möglichkeit, 30 öffentliche Spielplätze und sieben Grundschulhöfe unter ökologischen Gesichtspunkten zu sanieren. Dabei flossen 5 Mio. Euro in die Moerser Spielplätze – eine Summe, die Moers alleine nie hätte aufbringen können. 90 Prozent der Kosten waren über Landesmittel abgedeckt, Moers musste nur 10 Prozent Eigenmittel dazuzahlen. Ein absoluter Glücksfall.

So waren die Spielplätze bei uns über Jahre ein ganz zentrales Thema und es gelang im Laufe der Zeit, eine hohe Sensibilität in der Bevölkerung und in der Politik für Spielplätze zu erreichen. Spielplätze in Moers werden seitdem wie eine heilige Kuh behandelt.

Wie haben Sie sich das dauerhafte Interesse der Politik gesichert?

Und ganz wichtig: Wir haben immer wieder den Wert des Spielens als Bildungsinstanz hervorgehoben.

Breuer, Stadt Moers

Wir haben in den Ausschüssen das Landesprojekt immer wieder intensiv diskutiert, darüber beraten und informiert. Jeder neu gestaltete Spielplatz wurde von einer intensiven Öffentlichkeitsarbeit begleitet. Ich habe das immer „Schnittchenfete“ genannt. Wir haben die Bürger, die Presse, die Politik eingeladen, das Ganze vorgestellt und über unsere Arbeit berichtet.

Und ganz wichtig: Wir haben immer wieder den Wert des Spielens als Bildungsinstanz hervorgehoben. Wir haben darauf hingewiesen, wie wichtig Spielen für Kinder ist, um gesund aufzuwachsen, um soziale Kompetenzen zu erlangen und um ausreichend Bewegung zu haben. Wir haben deutlich gemacht, Schutzräume in Form von Spielplätzen sind notwendig, damit sich Kinder entsprechend entfalten können. Denn das Spiel auf der Straße, wie wir das noch von früher kennen, ist heute nicht mehr gegeben.

2003 lief dieses Landesprogramm und damit der Geldsegen aus. Was passierte dann?

Ich denke, durch die sieben Jahre Landesprogramm standen die Spielplätze in der politischen Diskussion so weit oben, dass diese in ihrem Fortbestand ganz hoch priorisiert wurden. Mit Abschluss des Landesprogramms hatten wir eine Prioritätenliste nach Sozialindikatoren erarbeitet, welche Spielplätze als nächstes zur Renovierung anstünden oder welche im Rahmen von Bebauungsplänen neu zu bauen waren. Das waren insgesamt fast 45 Spielplätze mit einem Gesamtvolumen von mehreren Millionen Euro, auf Jahre verteilt. Diese Prioritätenliste wurde von den politischen Gremien problemlos verabschiedet.

Durch die bescheidene Haushaltslage konnten wir aber leider nicht in dem Umfang sanieren, wie wir das ursprünglich geplant hatten. Trotzdem standen uns jedes Jahr zwischen 500.000 und 700.000 Euro für die Spielplätze zur Verfügung. Das ist sehr viel Geld.

Das heißt auch Sie müssen heute um ihren Spielplatz-Etat kämpfen?

Leider sind auch wir von der zunehmend dramatischeren Haushaltssituation betroffen. Prinzipiell glaube ich, wenn man deutlich macht, was man mit dem zur Verfügung stehenden Geld erschafft und zeigt, wie positiv sich das auf alle Beteiligten auswirkt, hat man auch weiterhin die politische Unterstützung. Diese Transparenz ist ganz wichtig und es ist wichtig, viel dafür zu arbeiten und nicht alles als selbstverständlich hinzunehmen.

Außerdem achten wir grundsätzlich sehr darauf, effizient mit dem Geld umzugehen. Wir verwenden möglichst haltbare Materialien, wie Edelstahl oder Robinie (hartes Holz). Gerätepfosten werden grundsätzlich auf Edelstahlfüßen aufgeständert, um Fäulnis im Erdreich entgegen zu wirken. Bei unseren Matschanlagen verzichten wir auf Holz- bzw. Edelstahl-Rinnen, sondern bauen diese in Form von gegossenen oder gepflasterten Flächen. Diese Matschanlagen sind noch da, wenn ich in Rente gehe.

Matschanlage auf dem Spielplatz „Kranichstraße in Moers

Außerdem arbeiten wir stark über Bodenmodellierungen. Das heißt, wir setzen die Spielgeräte nicht auf platte Rasen- oder Sandflächen. Modellierte Flächen haben den Vorteil, dass diese einen hohen Spielwert bieten, auch wenn ein Gerät abgebaut wird. Dabei achten wir auch auf eine gute Bepflanzung mit vielen Büschen und Labyrinthwegen, damit Kinder auch ohne Geräte spielen können.

Außerdem arbeiten wir stark über Bodenmodellierungen. Das heißt, wir setzen die Spielgeräte nicht auf platte Rasen- oder Sandflächen. Modellierte Flächen haben den Vorteil, dass diese einen hohen Spielwert bieten, auch wenn ein Gerät abgebaut wird. Dabei achten wir auch auf eine gute Bepflanzung mit vielen Büschen und Labyrinthwegen, damit Kinder auch ohne Geräte spielen können.


Die Stadt Moers hat eine Auswahl weiterer Spielplätze in Moers auf Spielplatztreff eingetragen.


Wie entscheidend ist das Engagement der Eltern bei dieser schwierigen Haushaltslage?

Sehr entscheidend! In Moers gibt es erfreulicherweise viele Fördervereine und Elterninitiativen für Spielplätze, die sich teilweise auch schon während des Landesprogramms gegründet haben. Wir versuchen, diese Fördervereine in ihrer Tätigkeit so gut es geht zu beraten und sie bei der Akquise finanzieller Mittel zu unterstützen.

Wir wollen nicht nur die Verwaltung sein, die sich hinter dem nicht vorhandenen Geld versteckt, sondern wir zeigen Wege auf, wie es geht, wenn man zusammen was macht. Dadurch kriegen wir gemeinsam kleine Spielplätze umgesetzt und einen guten Draht zum Bürger. Positiver Nebeneffekt: Die so entstandenen bzw. erneuerten Spielplätze unterliegen übrigens einer hohen sozialen Kontrolle. Vandalismus ist hier kein Problem.

Sehr gute Erfahrungen haben wir auch mit Spielplatzpatenschaften gemacht, die wir in diesem Jahr zum ersten Mal eingerichtet haben. Die Spielplatzpaten fungieren als „Kümmerer“. Sie sollen uns schnell informieren und Ansprechpartner für die Anwohner sein. Sie sollen nicht den Müll aufsammeln, nicht Spielgeräte ausbessern und nicht bei Randalen vermitteln.

Wie wichtig ist engagiertes Personal damit kontinuierliche Spielplatzarbeit gelingt?

Also, das Landesprogramm war sicherlich für den Einstieg ein extremer Glücksfall. Und prinzipiell brauchen Sie eine gute Politik. Die Spielplätze waren in Moers nie Spielball der Politik. Es bestanden parteiübergreifend immer ein hoher Konsens und eine hohe Einsicht in die Notwendigkeit. Ohne das hätten wir gar nichts machen können, denn wir sind ja von der Politik beauftragt.

Darüber hinaus braucht es aber auf jeden Fall engagiertes Personal und Durchhaltevermögen. Ich denke, wir sind nicht stur, aber schon kämpferisch – vernünftig kämpferisch. Man muss dranbleiben und sich kümmern. Dafür brauchen Sie Kollegen, die mitziehen. Wenn Sie Mitarbeiter haben, die sagen: „18 Uhr ist bei mir Schicht.“, funktioniert das Ganze schon nicht mehr. So ein bisschen bekloppt muss man schon sein. Und vielleicht ist bei uns auch der Luxus, dass wir solche Kollegen haben.

Frau Breuer, wir freuen uns mit Ihnen und den Familien in Moers über Ihren Erfolg und danken Ihnen für das tolle Gespräch.