Sommer 2025: Die Flensburger Innenstadt verwandelt sich in einen Spielraum. Mit bunten Spuren laden Gesa Janßen und Simon Kurze dazu ein, vertraute Wege neu zu entdecken und spielerisch zu erleben.

Gesa und Simon haben bereits eine große Bandbreite an Projekten rund um Spiel und Farbe umgesetzt. Ihre Arbeit reicht von der Gestaltung von Schulhöfen, Fußgängerzonen, öffentlichen Plätzen und Wegeleitsystemen über Workshops bis hin zu Projekten mit Spielobjekten und Sitzmöbeln im öffentlichen Raum – immer multifunktional, spiel- und bewegungsfördernd gestaltet. Mehr auf Instagram unter Spielraum_Halle
Foto: Simon und Gesa in Flensburg ©Stadt Flensburg
Ihr habt gerade für die Stadt Flensburg eine bunte Spielroute gestaltet. Was genau war euer Auftrag?
Wir durften eine Route vom Marktplatz quer durch die Fußgängerzone gestalten. Es gibt Plätze, auf denen viel passiert, spannende Wege dazwischen, aber auch Strecken mit weniger Hinweisen, auf denen man etwas suchen oder genauer hinschauen muss.
Besonders auf dem Marktplatz, der umgestaltet werden soll, ist unsere Gestaltung auch ein Versuchsfeld dafür, wie man Fläche für unterschiedliche Gruppen nutzbar machen kann. Das Ganze ist ein Gemeinschaftsprojekt von Innenstadtmanagement und Kinder- und Jugendbüro.
Was begeistert euch am Spiel im öffentlichen Raum?
Der öffentliche Raum ist für alle zugänglich, ohne Eintritt und Barrieren. Genau das macht ihn so spannend: Begegnungen mit anderen Gruppen sind unausweichlich – und darin steckt ein riesiges Potenzial für Austausch. Nur: Nicht alle Gruppen sind gleich stark vertreten. Kinder sind zwar im öffentlichen Raum sehr präsent, aber gleichzeitig unterrepräsentiert. Mit unserer Arbeit wollen wir das ändern. Wir wollen Spielräume eröffnen und Kindern eine Bühne geben.
Ihr sagt: „Der Weg ist das Spiel“. Was bedeutet das konkret?
Kinder (er-)leben im Spiel. Umso schöner ist es, wenn wir Wege bewusst bespielen und erlebbar machen.
Gesa Janßen, Spielraum
Alltagswege – zum Beispiel vom Kindergarten zum Spielplatz – bergen ein großes Potenzial. Sie bieten Bewegung, Sinneseindrücke, Begegnungen und Spielanlässe. Der Weg wird zum Erlebnisraum, wenn wir das zulassen. Und das sollten wir, denn Kinder (er-)leben im Spiel. Es ist ein wichtiger Teil ihrer Entwicklung. Wenn wir Erwachsene Transporte übernehmen, nehmen wir ihnen einen Teil dieser Erfahrungen. Umso schöner ist es, wenn wir Wege bewusst bespielen und erlebbar machen.
Wie verändert eure Farbe die Art, wie wir Wege gehen?
Unsere Farbe gibt Hinweise auf interessante Strukturen, liefert Spielanreize, macht neugierig und legitimiert das Spiel. Linien und Punkte können Aufenthaltsqualität schaffen, entschleunigen oder auch beschleunigen (z. B. Rennstrecken). Alles ist eine Einladung – kein Zwang. Die Flächen bleiben multifunktional nutzbar. Zum Beispiel ein Marktplatz, der an Markttagen Verkaufsfläche ist und an anderen Tagen zur Spielfläche wird.


Wie entscheidet ihr, was ihr auf die Flächen malt?
Das entsteht meistens vor Ort: Wir bringen ein Repertoire an Elementen mit, schauen uns den Raum genau an, lassen uns inspirieren und entwickeln daraus Ideen. Oft greifen wir auch auf bekannte Straßenspiele mit hohem Wiedererkennungswert zurück – leicht verändert, aber klar erkennbar als Spiel.
Was hat in Flensburg besonders gut funktioniert?
Zum Einsatz kamen Irrgärten, Hüpfekästchen („Himmel und Hölle“) und Labyrinthe. Sie stehen neben abstrakteren Elementen, die Interpretationen zulassen. Irrgärten eignen sich gut für große Flächen, Labyrinthe lassen sich in Pflasterungen einbinden, Hüpfekästchen lockern Routen auf und passen gut an Start oder Ende.
Welche Flächen eignen sich am besten zum Bemalen?
Besonders spannend sind Flächen, die sonst langweilig wirken – Asphalt und Beton sind ideale Untergründe. Aber auch Strukturen wie Treppen, Absätze, Poller oder Mäuerchen lassen sich einbeziehen. Der Ebenenwechsel macht die Route interessanter. In Flensburg haben wir z. B. ein unscheinbares Plateau am Marktplatz bewusst genutzt, um Aufmerksamkeit auf diese Fläche zu lenken und neue Perspektiven zu schaffen.



Wie findet ihr geeignete Flächen – und gibt es Sicherheitsaspekte zu beachten?
Manchmal gibt es konkrete Flächenvorgaben, manchmal suchen wir gemeinsam mit den Auftraggeber:innen. Oft entwickelt sich die Route auch im Prozess. In Flensburg war es eine Mischung aus Wunschflächen der Stadt und gemeinsamer Planung.
Ein wichtiges Kriterium ist dabei die Sicherheit: Zu befahrenen Straßen halten wir grundsätzlich Abstand. Das kann sogar ein entscheidender Grund für oder gegen bestimmte Flächen sein. Denn auf der Fahrbahn gilt volle Konzentration auf den Verkehr.
Warum sind gerade Nischen in der Stadt für euch interessant?
Wir wollen das Spiel nicht nur auf Spielplätzen stattfinden lassen. Spielanreize im öffentlichen Raum sind eine wertvolle Ergänzung. So werden auch Wege zwischen den „klassischen“ Spielorten spannend und erlebbar.
Auch Schulhöfe sind für uns interessant: halb öffentlich, halb Spielfläche, halb Transitort. Hier können wir mit Farbe Flächen aufwerten – günstiger als klassische Spielgeräte und mit niedrigeren Hürden bei der Spielplatzsicherheit. Wichtig ist allerdings, die Spielweisen der Kinder vorher zu verstehen und in Workshops einzubeziehen, damit am Ende ein wirklich funktionierender Ort entsteht.

Wie reagieren Kinder oder Eltern auf eure Arbeit?
Wir erleben sehr positive Rückmeldungen. Kinder starten sofort ins Spiel, ohne zu zögern. Erwachsene fragen oft erst nach Regeln oder Sinn – verstehen es dann aber durch die Kinder. Besonders schön ist, wenn Begegnungen entstehen, weil Menschen neugierig werden. Das ist für uns ein Zeichen, dass wir alles richtig gemacht haben.
Was brauchen Städte, die mit euch zusammenarbeiten möchten?
Eigentlich nur Neugier und Interesse an Prozessen sind die einzige echte Voraussetzung. Geeignete Flächen finden sich immer und auch Gelder lassen sich, unserer Erfahrung nach, auftreiben. Wir arbeiten oft im Rahmen von Fördermittelprojekten, Konzept und Umsetzung können wir anpassen. Auch die Haltbarkeit der Farben ist in einem gewissen Umfang anpassbar.
Die Spielmarkierungen in Flensburg werden jetzt sogar nochmal aufgefrischt und sind dann bis in den Herbst bespielbar. Nutzt die Gelegenheit und viel Spaß beim Spielen! Und wer darüber hinaus noch Lust auf einen Spielplatz-Ausflug hat – auf Spielplatztreff.de findet ihr die schönsten Spielplätze in Flensburg.
Titel-Foto: Diese farbigen Linien schlängeln sich aktuell durch die Flensburger Innenstadt. ©Stadt Flensburg
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Wie alles begann: Bereits 2019 während ihres Studiums für Spiel- und Lerndesign entwickelten Gesa und Simon in Halle ihre erste Idee von einem Spielwegenetz im öffentlichen Raum. Wir haben im Spielplatztreff-Blog darüber berichtet.
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