Computergestützte Spielgeräte sind in Deutschland noch selten und auch für uns Neuland. Weil ich neugierig war, bin ich mit meinen beiden Kindern und dem Freund meines Sohnes (7 und 10 Jahre) kürzlich nach Dormagen gefahren, und gemeinsam haben wir die interaktiven Memo Spielsäulen von Yalp getestet. Wie es uns erging und woran es liegt, dass bisher so wenig elektronische Spielgeräte am Start sind, erfahrt ihr in diesem Artikel.

„Kommt! Heute probieren wir mal einen computergestützten Spielplatz aus!“ Mit diesen Worten startet unsere Mission. 20 Minuten später an einem Nachmittag Ende August steigen meine siebenjährige Tochter und die beiden 10-jährigen Jungs in Dormagen aus dem Auto und sind gespannt wie ein Flitzebogen. Vor Ort bin ich mit Klaus Güdelhöfer, Leiter des städtischen Kinder- und Jugendbüros, verabredet.

Der erste Eindruck: “Häää? DAS soll der Spielplatz sein?!“

Als wir auf dem Dorfanger ankommen, ist Klaus Güdelhöfer noch nicht da und auch sonst niemand. Der Platz ist leer. Er wirkt kleiner als ich ihn mir vorgestellt hatte. Mein erster Eindruck: Das Spielgerät sieht ziemlich unspektakulär. Zu sehen sind lediglich sieben grüne Metall-Säulen auf hellbraunem Fallschutz. Es könnte sich auch um eine Kunstinstallation handeln – die Säulen fügen sich wunderbar in die Umgebung ein, aber dass man mit denen spielen kann und dass diese mit 360° LED-Touchscreens ausgestattet sind, die auf Berührung reagieren sowie direktes Feedback geben, ist auf den ersten Blick nicht zu erahnen.

Die Spielstätte wirkt auf den ersten Blick eher unscheinbar. Foto: Schilling

Auch die Kinder sind offentlichtlich etwas enttäuscht: “Häää? DAS soll der Spielplatz sein?!“ Als ich später Klaus Güdelhöfer davon erzähle, gibt er uns Recht: „Gewiss, optisch ist das Gerät etwas unscheinbar. Aber wenn man erstmal weiß, wie es funktioniert, ist es offensichtlich attraktiv genug, um zu verweilen, wie unsere Erfahrungen zeigen.“

Zu Beginn herrscht Verwirrung

Weil wir ja zum Testen extra hergekommen sind, laufen die Kinder zielstrebig zur mittleren (Master-)säule und drücken die große Taste – es gibt nur diese eine Taste, ansonsten wird über Touch-Screen navigiert. Nach Knopfdruck ertönt eine Stimme: „Suche dir ein Spiel auf dem Schirm aus!“ Und sofort sind die Kinder voll bei der Sache, die Optik ist nur noch eine Randnotiz. Auf geht’s

Über diese Taste wird das Spiel gesteuert. Foto: Schilling

Ähm… doch dann herrscht erstmal Verwirrung. Die drei hören, sie sollen laufen, Schnelligkeit ist verlangt, es geht auf Zeit… Irgendwas mit Rennen, schon klar, aber wer, wohin und wie funktioniert das überhaupt? Es gelingt ihnen nicht, die knappen Anweisungen richtig zu deuten. Deshalb drücken sie immer wieder den Knopf, berühren konfus irgendwelche Buttons auf dem Display und rennen wild durcheinander. Bis sie rausgefunden haben, wie’s funktioniert, vergeht einige Zeit und es kostet mich etwas Überzeugungsarbeit, dass die drei nicht direkt hinschmeißen.

Knapp daneben ist auch vorbei

Das Spiel, bei dem meine drei Begleiter als erstes hängenbleiben, heißt TAG und schickt die Kinder mit dem Satz: „Berühre den Pfosten deiner Farbe auf Zeit.“ ins Rennen. Daraufhin schnappt sich jedes Kind eine Säule und haut so schnell und so oft wie möglich auf sein Display. Nach kurzer Zeit verkündet die Stimme aus dem Gerät die Gewinnerfarbe und eine neue Runde startet. Das wird ein paar Mal gespielt, bis den Jungs auffällt, dass immer meine Tochter gewinnt. Was sie dafür richtiger macht als die anderen, können wir alle nicht erkennen. Wir wechseln sogar extra die Säulen, um zu sehen, ob vielleicht die Technik spinnt. Erst später im Gespräch mit den Spielplatz-Verantwortlichen erfahre ich, dass die Kinder das Spiel völlig anders als vorgesehen gespielt haben – eigentlich sollten sie von Säule zu Säule laufen und die Displays mit der eigenen Farbe füllen. Da wäre also mehr Bewegung drin gewesen.

Ich frage mich, wie oft wird wohl das Spiel anders verstanden als gedacht und die Kinder bleiben stehen, anstatt sich zu bewegen? Vielleicht ließe sich hier die Spielanleitung noch etwas präzisieren? Vielleicht wäre sogar ein zusätzlicher Info-Button für Leute wie mich hilfreich, die bei Bedarf einen ausführlicheren Erklär-Text „anhören“ können?

Meine Tochter hat bei TAG die flinkesten Hände. Foto: Schilling

Die Kinder wurschteln sich so durch (das hat ja auch was für sich) und haben inzwischen zum nächsten Spiel gewechselt: RUNNER. Aufgabe hier ist es, gegeneinander auf Zeit Runden um die Memo Säulen zu laufen. Auf dem Dorfanger ist der Platz allerdings begrenzt, die Säulen stehen ziemlich nah beieinander, so dass meinen Testern von den Mini-Runden eher schwindelig wird und sie keine Lust haben, das Spiel noch länger auszuprobieren. Stünden die Memo Säulen aber etwas weiter auseinander auf einer größeren Fläche, könnte ich mir vorstellen, dass das gut funktioniert. Klick. Nächstes Spiel.

„Mathe?! Nö!“

MATTY – das Mathespiel erscheint auf dem Display. „Mathe?! Nö!“ Doch. Denn schließlich sind wir zum Testen hier. Also wird gerechnet. Nach nur kurzer Motzerei geschieht Erstaunliches: Meine Tester haben entdeckt, dass sie die Matheaufgaben gemeinsam lösen können, als Team packt sie der Ergeiz. Mit fokussierten Mienen laufen sie von Säule zu Säule und rechnen konzentriert die im Display angezeigten Aufgaben. Wenn sie meinen, das richtige Ergebnis zu wissen, laufen sie zur mittleren Säule und loggen ein. Als meine Tochter im dritten Level passen muss, weil die Aufgaben für sie zu schwer werden, stellt sie sich in die Mitte und loggt für die Jungs die Ergebnisse ein. So bleibt sie weiter im Spiel und gemeinsam spielen sie noch eine ganze Weile Level um Level. Später beschweren sich die Jungs zwar, dass auch in höheren Levels immer wieder „viel zu leichte Aufgaben“ gestellt werden. Aber Beschwerden darüber, dass die Kinder auf dem Spielplatz rechnen sollten, gibt es nicht.

Mal was Neues wagen

Während die Kinder spielen, erzählt mir Klaus Güdelhöfer, der inzwischen eingetroffen ist, warum er damals dieses Gerät für den Dorfanger vorgeschlagen hat: „Ich bin grundsätzlich ein neugieriger Mensch und allem Neuen gegenüber aufgeschlossen. Ich hatte das Gerät im Internet gesehen und dachte: warum nicht mal etwas wählen, das anders ist, als das bereits Bekannte, etwas, das an die moderne Lebenswelt der Kinder anknüpft?“

Das innovative Stadtteilentwicklungsprojekt des Bundes „Soziale Stadt Horrem”, in dessen Rahmen der Dorfanger neu gestaltet wurde, bot die Chance dazu. In einem gemeinsamen Beteiligungsprozess mit den Anwohnern des Dorfangers wurden mehrere Vorschläge für die Gestaltung des Platzes diskutiert. Auch Jeroen Reinderink, Accountmanager Deutschland der niederländischen Herstellerfirma Yalp, ging mit den Memo Spielsäulen ins Rennen.

Zu Beginn war die Skepsis bei den Anwohnern groß. Viele konnten zunächst gar nichts damit anfangen, erzählt mir Detlev Falke, der verantwortlich für das Stadtteilentwicklungsprojektes war und den Beteiligungsprozess seitens der Stadt begleitet hat. „Vor allem die Älteren wünschten sich, wie eh und je neben einer Schaukel zu stehen, und ihre Enkel anzuschubsen“, erinnert sich Falke. Doch die jüngeren Eltern fanden das Gerät interessant und waren neugierig geworden. Am Schluss, als Jeroen Reinderink erklärt hatte, wie das elektronische Gerät funktionieren würde, entschied sich die Mehrheit der Beteiligten für die Memo Spielsäulen.

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